Die Jury des Building-Awards 2019 unter der Leitung der ETH Zürich-Rektorin Sarah M. Springman sorgte für eine Überraschung: Nicht etwa Kategoriensieger wie das international bekannte NEST in Dübendorf, der Seetalplatz in Emmenbrücke oder ein innovatives Nachwuchsprojekt wurden als Gesamtsieger geehrt, sondern das Team der EBP Schweiz AG, Zürich, mit dem Neubau für die Kernser Edelpilze GmbH.
«Mit dem diesjährigen Gesamtsieger setzt die Jury ein starkes Zeichen in der Ingenieur- und Baubranche. Es ist nicht ausschliesslich das Grosse, das Komplexe oder Bauten mit starker architektonischer Wirkung, welche Spitzenleistungen der Schweizer Ingenieurskunst ausmachen. Ingenieurinnen und Ingenieure entwickeln sich in vielen Fällen dann zu wahren Meistern, wenn sie im Detail arbeiten und sie zu einem grossen Ganzen formen», lobte Urs von Arx, Initiant des Building-Awards und Präsident der federführenden Stiftung bilding den Entscheid der Jury für den Gesamtsieger. Insgesamt wurden Preise in sechs Kategorien vergeben. Darunter sind zwei Projekte, welche explizit die jungen Berufsleute und die Nachwuchsförderung im Bereich Technik in den Mittelpunkt stellen. Speise- oder Edelpilze in der Fachsprache haben es noch nie an eine Building-Award-Verleihung geschafft. Dabei boomt die Edelpilz-Produktion in der Schweiz. Die Schweizer Pilzproduzenten müssen sich in einem Markt ohne Grenzschutz behaupten. Im Detailhandel haben Schweizer Champignons dennoch einen Marktanteil von rund 90 Prozent.
Ökonomischer Mehrwert überzeugte Jury
Die Voraussetzungen zu schaffen, diese starke Position eines Marktplayers weiter auszubauen, war eine der Anforderungen der Kernser Edelpilze GmbH, als sie die Planung des Neubaus ihrer Produktionsstätte an die EBP Schweiz AG, Zürich, vergab. Das Ergebnis aus dem geschickten Einsatz von Energie- und Gebäudetechnik verblüfft: Verschiedene innovative und ingenieurbezogene Ansätze führen im Neubau zu einer Produktionsverdoppelung. Dieser ökonomische Mehrwert beeindruckte die Jury, wie Jury-Präsidentin und ETH Zürich-Rektorin Sarah M. Springman in ihrer Laudatio ausführte. Synergienutzung oder in Kreisläufen denken seien nur zwei Beispiele, so Springman, welche zeigten, was Ingenieurswissen heute bedeutet. Dass die Abwärme weiter genutzt werde, sein ein zusätzliches Plus.
Laudatio für den Gesamtsieger von Prof. Adrian Altenburger HSLU
Neubau Kernser Edelpilze GmbHDer Gesamtsieg des Building-Awards 2019 geht an ein Projekt, das auf verschiedenen Ebenen hervorsticht und eine schöne Geschichte ergibt:
Ein Innerschweizer Landwirt erschliesst sich – aus der Not geboren – ein innovatives neues Geschäftsfeld. Er bewirtschaftet dieses unter den Gesichtspunkten von Qualität, Nachhaltigkeit und Effizienz. Hat Erfolg und wächst. Um weiter erfolgreich zu sein, will das mittlerweile preisgekrönte Familienunternehmen die Produktion von Grund auf erneuern. Hier war Engineering gefragt. Und hier kommt unser Gesamtsieger ins Spiel.
Den Prinzipien der Bauherrschaft verpflichtet, ermöglichte ein Ingenieur-Team nicht nur eine substanzielle Produktionssteigerung, sondern auch die CO2-neutrale Produktion der Produktpalette. Dies ist deshalb möglich, da die Wärmeleistung des Vorprodukts nutzbar gemacht wird. So wird die Anlage im Winter etwa geheizt.
Herausragend am Projekt ist die auf die Produktion eines exotischen Produkts (asiatische Edelpilze) zugeschnittene Gebäudetechnik, für die – zumindest bis vor Kurzem – weder Normen noch Benchmarks existierten. Bemerkenswert ist auch die Geschwindigkeit, in der das Projekt realisiert wurde, nämlich in nur neun Monaten!
Sehr verehrte Damen und Herren, der Gesamtsieger dieses Jahres kommt dem Team der EBP Schweiz AG zu, da es mit seiner einzigartigen Lösung nicht nur den Nutzen für den Bauherrn optimiert hat. Die Kolleginnen und Kollegen von EBP haben auch demonstriert, wie die Ingenieurskunst mit der Optimierung eines nachhaltigen und innovativen Produkts einen Beitrag für die Wirtschaft und Gesellschaft leistet.
Ein ausserordentlich schönes Projekt und eine schöne Geschichte, die zeigt, dass in der Ressourcen-armen Schweiz innovative Köpfe die wichtigste Ressource sind. Doch kluge Köpfe alleine reichen nicht aus. Um ihr Potential auszuschöpfen, müssen sie zusammenarbeiten, in einem Team funktionieren.
Der Gesamtsieger des Jahres 2019 demonstriert genau dies: wie kluge Köpfe auf den Auftraggeber eingehen und im Team mit den Architekten das Beste aus den Rahmenbedingungen herausholen.
Grösster Anlass der Ingenieur- und Baubranche in der Schweiz
Die 17-köpfige unabhängige Fachjury unter der Leitung von Sarah M. Springman, Rektorin der ETH Zürich, vergab in sechs Kategorien je einen Building-Award für herausragende und innovative Ingenieurleistungen am Bau. Das sind die diesjährigen Gewinner mit ihren Projekten:
- Lüchinger+Meyer Bauingenieure AG, Zürich:
Schlotterbeck Areal, Zürich (Kategorie 1 Hochbau) - Emch+Berger WSB AG, Emmenbrücke / SNZ Ingenieure und Planer AG, Zürich / Bänziger Partner AG, Zürich:
Seetalplatz Emmenbrücke (Kategorie 2 Infrastrukturbau) - EBP Schweiz AG, Zürich:
Neubau Kernser Edelpilze GmbH (Kategorie 3 Energie- und Gebäudetechnik, Gesamtsieger) - Empa / Eawag:
NEST – Gemeinsam an der Zukunft bauen, Dübendorf (Kategorie 4 Forschung und Entwicklung) - Emch+Berger AG Bern, Marc-André Berchtold, Spiez:
Gletschersandbrücke, Grindelwald (Kategorie 5 Young Professionals) - Verein Explore-it, Leuk-Stadt / Schulen Schönenwerd:
Explore-it an den Schulen Schönenwerd (Kategorie 6 Nachwuchsförderung im Bereich Technik)
Erstmals einen Sonderpreis verliehen
Erstmals hat die Jury des Building-Awards einen Sonderpreis verliehen. Dieser geht an Conzett Bronzini Partner AG, Chur, mit ihrem Projekt zur Erdbebenertüchtigung eines neuen Berufsbildungszentrums in Kathmandu / Nepal. Realisiert hat das Projekt die Hilfsorganisation ROKPA International. In Zusammenarbeit mit den lokalen Planern konnte die Conzett Bronzini Partner AG unter der Teamleitung von Gianfranco Bronzini die lokal typischen Rahmentragwerke aus Stahlbeton mit Mauerwerksausfachungen massgebend verbessern.
Der Building-Award ist der Schweizer Preis für herausragende Ingenieurleistungen am Bau. Besonderes Augenmerk legt der Building-Award auf die Förderung des Ingenieurnachwuchses. Dafür wurden eigens zwei Kategorien geschaffen: Die Kategorie «Young Professionals» und die Kategorie «Nachwuchsförderung im Bereich Technik».
building
Organisatorin des Building-Awards ist bilding – die Schweizerische Stiftung zur Förderung des Ingenieurnachwuchses im Bauwesen. Sie wurde 2006 auf Initiative und mit Mitteln der Schweizerischen Vereinigung Beratender Ingenieurunternehmungen usic gegründet. Die Stiftung hat gemeinnützigen Charakter. Ihr wichtigstes Ziel ist die Förderung und Unterstützung des Ingenieurnachwuchses im Bauwesen, speziell für die Disziplinen Bauingenieure, Elektroingenieure und HLKSE-Ingenieure. Zusammen mit den fünf Trägerverbänden – der usic, Infra Suisse, dem Schweizerischen Baumeisterverband, Swiss Engineering STV und der Gruppe der Schweizerischen Gebäudetechnik-Industrie – will die Stiftung bilding mehr geeignete Lernende mit Potenzial für ein Ingenieurstudium und Studierende gewinnen.