Der Lokschuppen stammt aus den Anfangstagen der Mannheimer Bahngeschichte. Nun hat Matthias Jarcke, Architekt und Bauherr in einer Person, das in den 1870er-Jahren errichtete Gebäude in einen attraktiven Arbeitsraum verwandelt. Die charakteristischen Elemente des historischen Baukörpers – das Sandsteinmauerwerk, die verblechten Einfahrtstore und die raumhohen Industrieverglasungen – wurden sorgsam restauriert und beibehalten. Text: Anne Marie Ring
Südlich des Mannheimer Hauptbahnhofs entsteht auf ehemaligen Gleis- und Betriebsflächen der DB Bahn und einem brachliegenden Industriegelände ein neues Stadtquartier, das Glückstein-Quartier. Auf dem 33 ha grossen Areal sind rund 100’000 m2 als Baugrundstücke für Gewerbe- und Universitätsgebäude ausgewiesen; des Weiteren sollen 91’000 m2 Wohnfläche realisiert werden. Nur wenige der vorhandenen Bauwerke haben Bestand – zu ihnen zählen die in den 1870er-Jahren als Lokschuppen und Werkstatt errichteten Gebäude, die unlängst als Teil der gemischten Nutzung des neuen Viertels saniert wurden. Während das Werkstattgebäude von einem Gastronomiebetrieb genutzt wird, hat sich im restaurierten Lokschuppen das Architekturbüro Matthias Jarcke eingerichtet. Zuvor hatte das Büro selbst die Sanierung und Umnutzung des denkmalgeschützten Gebäudes übernommen.
Anliegen des Architekten war es, das ortsbildprägende Kulturdenkmal möglichst originalgetreu zu erhalten. Gleichzeitig sollte ein inspirierender Ort für kreatives Arbeiten entstehen, der alle Ansprüche an einen zeitgemässen Büroraum erfüllt. Sein Sanierungskonzept integriert unter anderem das Holztragwerk der Dachkonstruktion mit ihrem lang gestreckten Oberlicht. Die Holzbalken wurden, ebenso wie das Sandsteinmauerwerk, lediglich behutsam gereinigt und somit in ihrer Substanz komplett bewahrt. Auch die bestehenden Industrieverglasungen – einfach verglaste T-Profile – sowie die jeweils drei verblechten Ein- und Ausfahrtstore wurden beibehalten und saniert. Zur Herstellung der unverzichtbaren, wärmegedämmten Gebäudehülle wurde den Tor- und Fensteröffnungen jeweils eine zweite Konstruktion aus dem thermisch getrennten Stahlprofilsystem Janisol (zweiflügelige Türen als Toröffnungen mit festen Seitenteilen und Oblichtern) bzw. Janisol Primo (Fensteröffnungen) vorgesetzt. Mit der Entscheidung, diese nicht in die Laibung, sondern vor die Innenwand zu setzen, ersparte man sich den erfahrungsgemäss schwierigen Anschluss an den Altbau.
Das grosse Volumen des Innenraums – immerhin ist die Halle rund 50 Meter lang – wird durch eine verglaste Trennwand aus schlichten T-Profilen in zwei Einheiten geteilt. Sie wurde in Anlehnung an die historischen Industrieverglasungen erstellt und bietet den Vorteil, dass das Raumvolumen als solches auch über die räumliche Trennung hinweg erlebbar bleibt. Technisch gesehen übernimmt sie die Funktion einer Rauchschürze; notwendiges Zugeständnis an die Baubehörde für diese lichte Konstruktion waren der Einbau einer Sprinkleranlage sowie von sechs RWA-Klappen in die komplett erneuerte Dachverglasung. Das lang gezogene Oberlicht im Firstbereich – es läuft über rund 45 Meter und ist beidseits jeweils drei Meter breit – war im Bestand bereits vorhanden und wurde nun durch eine wärmegedämmte Konstruktion aus dem Stahlprofilsystem Jansen VISS ersetzt. Seine spezielle Dreifach-Isolierverglasung mit integrierten Lichtlenklamellen gewährleistet auch an den Bildschirmarbeitsplätzen angenehmes Arbeiten. Davon profitieren vor allem die Arbeitsplätze auf der nachträglich eingezogenen Zwischendecke. Sie erweitert die Nutzfläche des Architekturbüros auf rund 800 m2, ohne die räumliche Grosszügigkeit wesentlich zu beeinträchtigen.
Zwei Jahre benötigte das Team um Matthias Jarcke für die Sanierung des Lokschuppens. Entstanden ist ein einzigartiger Arbeitsraum, dessen besonderer Charme die Spannung zwischen der sanierten Bausubstanz und den neu hinzugefügten Elementen ausmacht. Doch der Lokschuppen soll nicht nur der Arbeitsraum des Architekturbüros sein, sondern auch ein Bestandteil des öffentlichen Lebens von Mannheim werden: immer wieder will man seine Tore auch für Veranstaltungen öffnen.
Über das Projekt
Bauherr:
Jarcke Architekten, MannheimArchitektur:
Jarcke Architekten, MannheimMetallbauer:
Schlosserei Holz+Stahl, SchöneckVerwendete Profilsysteme:
VISS (Dachoberlicht) mit RWA-Flügeln
Schüco AWS
Janisol (Toröffnungen) und
Janisol Primo (Fenster)Systemlieferant: Jansen AG, Oberriet