Allen politischen Differenzen zum Trotz arbeiten Forschende aus der EU und der Schweiz bei zentralen Forschungsthemen weiter eng zusammen. Gerade hochaktuell: Energie aus nicht fossilen Quellen speichern. Im Sommer 2022 startete ein im Rahmen des Horizon-Forschungsprogramms der EU gefördertes Forschungsprojekt, das auf Vorprojekten der OST – Ostschweizer Fachhochschule basiert. Vielleicht heizen wir unsere Gebäude künftig mit Aluminium, in welchem Energie aus Wind-, Solar- und Wasserenergie gespeichert ist.
Der derzeitige Kampf um die Verringerung der Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten unterstreicht, wie wichtig kostengünstige Speicherlösungen für erneuerbare Energie geworden sind. Die lange nur auf dem Papier geplante Energiewende weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien hat dadurch neuen Schwung bekommen. Eine zentrale Herausforderunge dabei ist es, die erneuerbare Energie in den riesigen benötigen Mengen zu speichern. Insbesondere für den Winter, wenn Herr und Frau Schweizer ihre Gebäude und die Industriebetriebe ihre Prozesse heizen müssen sowie Quellen wie Solarenergie weniger tagesaktuellen Nachschub liefern, werden langfristige, kostengünstige Speicherlösungen benötigt.
Energie länger speichern als in Batterien
Strom und Wärme aus erneuerbaren Energieträgern können heute kostengünstig aus Sonnen-, Wasser- oder Windkraft erzeugt werden. Speichern lassen sie sich jedoch nur kurzfristig, um temporäre Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage auszugleichen. Technologien zur Speicherung erneuerbarer Energien über längere Zeiträume, also über Monate oder ganze Jahreszeiten hinweg, sind noch nicht weit verbreitet.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Energiedebatte in ganz Europa startete im Juli 2022 ein Forschungskonsortium mit neun Partnern aus sieben verschiedenen europäischen Ländern mit der Entwicklung eines neuen und revolutionären Konzepts zur Speicherung erneuerbarer Energien über längere Zeiträume wie Monate oder sogar Jahre.
Aluminium als Energieträger
Das neue Konzept basiert auf Aluminium als Energieträger und unterscheidet sich grundlegend von herkömmlichen Methoden der Energiespeicherung wie Batterien, Wasserstoff oder synthetischen Brennstoffen. Das Aluminium-Konzept basiert auf Ideen und Vorprojekten des SPF Institut für Solartechnik an der OST, die stetig weiterentwickelt wurden und wird nun vom Horizon Europe Forschungsprogramm der EU sowie vom Schweizer Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) unterstützt.
Günstiger Energiespeicher für Strom und Wärme
Im Labor haben die Projektpartner aus Island bereits gezeigt, dass sich elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen auch ohne Emissionen von Treibhausgasen chemisch in Aluminium speichern lässt. Gleichzeitig konnte das Team des SPF erfolgreich demonstrieren, dass sich aus Aluminium auch wieder Wärme und elektrische Energie mit hoher Effizienz gewinnen lassen. Der grosse Vorteil gegenüber anderen Technologien: Aluminium kann bei der Produktion aus Aluminiumoxid extrem hohe Mengen an Energie aufnehmen und stabil speichern. Tatsächlich kann ein Kubikmeter Aluminium mehr Energie speichern, als das gleiche Volumen an Heizöl. Ein weiterer Vorteil aus ersten Modellrechnungen zeigt, dass die Speicherung von Energie auf diesem Weg deutlich günstiger sein kann, als beispielsweise bei Power-to-Gas oder synthetischen Brennstoffen.
Deshalb wird das Forschungsprojekt REVEAL durch das Programm Horizon Europe der Europäischen Union und durch das SBFI mit einem Gesamtbetrag von ingesamt 3,6 Millionen Euro unterstützt. Ziele sind zum einen die weitere Entwicklung fortschrittlicher Technologien, mit denen Aluminium aus Aluminiumoxid ohne Kohlendioxidemissionen, also CO2-neutral, hergestellt werden kann, und zum anderen die Entwicklung von Technologien zur Freisetzung der darin gespeicherten Energie im Winter.
Schliessen der Stoffkreisläufe ist wichtig
Die Entladung der im Aluminium gespeicherten Energie führt zu Reaktionsprodukten, welche wieder mit neuer Energie zu Aluminium umgewandelt werden können. Ein wichtiges Ziel des Projekts ist es, diesen Stoffkreislauf zu schliessen. So kann Aluminium, das in das Speicherkonzept eingebracht wird, viele Male zwischen den Lade- und Entladeprozessen zirkulieren und muss im Idealfall nie durch neues Aluminium ersetzt werden. Für Hausbesitzer oder Unternehmen bedeutet das, dass sie die «Nebenprodukte» ihrer lokalen Strom- und Wärmeversorgungsanlage wieder abholen lassen und mit frisch produziertem Aluminium austauschen können.
Neben diesen technischen Aspekten werden die Kosten und die Umweltauswirkungen für den Erfolg und die Nachhaltigkeit des Konzeptes entscheidend sein. Die Forschung dazu gehört zu den Schlüsselelementen, die im Verlauf des Projektes bis 2026 analysiert werden.