Holz ist wertvoll. Es ist einheimisch und wächst im Wald nach. Ersetzt man Beton, Stahl, Gas oder Heizöl durch Holz, ist dies ein Beitrag gegen die Klimaerwärmung. Kein Wunder also, dass Holz heute ein gefragter Rohstoff ist. Seit mehr als 40 Jahren fördert die Schweiz die Nutzung der Holzenergie. Und zwar so erfolgreich, dass man sich da und dort den Grenzen des Potenzials nähert.
Text: Christoph Rutschmann/Holzenergie Schweiz
Bis etwa 2021 war die Energieholzversorgung während Jahrzehnten ein Nachfragemarkt, entsprechend tief waren die Holzpreise. Dann drehte der Wind. Energieholz stand plötzlich im Mittelpunkt des Interesses. Ein Angebotsmarkt übernahm das Zepter, die Energieholzpreise stiegen an. Ursachen für den fundamentalen Wechsel waren attraktive Förderprogramme, die Pandemie, der Ukrainekrieg, der immer präsentere Klimawandel und stark gestiegene Öl-, Gas- und Strompreise. Die Situation spitzte sich im Winter 2022/23 derart zu, dass sich die Wirtschaftliche Landesversorgung des Themas Energieholz annehmen musste. Letztlich gelang es der ganzen Branche jedoch, die Versorgung mit allen Energieholzsortimenten jederzeit sicherzustellen. Holzenergie Schweiz verwies auf zahlreiche Projektideen für grosse Holzheizkraftwerke im städtischen Raum, deren Versorgung mit Holz die Grenzen einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung zu sprengen drohten. Es setzte eine gewisse Verunsicherung ein, befeuert durch die Fragen, wieviel Holz denn heute bereits energetisch genutzt wird respektive noch zusätzlich zur Verfügung steht.
Das Bundesamt für Umwelt BAFU erteilte Holzenergie Schweiz im Rahmen des Aktionsplans Holz den Auftrag, die Fragen mit einer Monitoring-Studie Holzenergie 2023 zu klären und Entscheidungsgrundlagen für eine geordnete Marktentwicklung 2024 bis 2026 im Sinne der höchstmöglichen Ressourceneffizienz bereitzustellen. Aufgrund von Analysen bestehender Erhebungsmethoden, Statistiken, Datenquellen etc. sollen der aktuelle Verbrauch, das noch verfügbare Potenzial sowie die zukünftige Nachfrage dargestellt werden. Dabei gilt es, Einflussfaktoren wie klimatische, energetische, politische sowie wirtschaftliche Rahmenbedingungen abzuschätzen und zu beurteilen und im Rahmen eines periodischen Monitorings in den nächsten Jahren die bisherige und künftig mögliche Marktentwicklung aufzuzeigen.
Wieviel Energieholz wird heute genutzt?
2022 lag der Anteil der Holzenergie am Gesamtenergieverbrauch bei 5,8 Prozent, zum Wärmeenergieverbrauch trug Holz gar 11,0 Prozent bei. Seit 1990 fand eine starke Verschiebung von kleinen zu grösseren Anlagen sowie vom Stückholz zu Schnitzeln statt. Die Schweizerische Holzenergiestatistik spiegelt die Entwicklung zwischen 1990 und 2022 wie folgt:
Anlagenkategorie | Jahr | Anzahl Anlagen | Verbrauch/Energieprod. | |
m3/a | GWh/a | |||
Stückholzheizungen (Öfen, Kessel) | 1990
2022 |
689’184 |
2’416’000 |
6’596 |
Schnitzelheizungen | 1990
2022 |
3’286 |
424’300 |
0 |
Pelletheizungen | 1990
2022 |
0 |
0 |
0 |
Holz-Wärme-Kraft-Kopplung | 1990
2022 |
0 |
0 |
478 |
Altholzheizungen | 1990
2022 |
22 |
175’000 |
478 |
Holz in Kehrichtverbrennungsanlagen | 1990
2022 |
26 |
235’500 |
643 |
Total | 1990
2022 |
692’518 |
3’250’800 5’500’071 |
8’875 15’015 |
Quelle: Bundesamt für Energie BFE: Schweizerische Holzenergiestatistik 2022, angepasst. Umrechnung 1 m3 = 2.73 MWh
Der aktuelle Verbrauch ist recht gut abschätzbar, da die vorhandenen Statistiken (Holzenergiestatistik, Forststatistik, Altholzstatistik) belastbar sind. Allerdings überschätzt die Holzenergiestatistik den Holzverbrauch in Zimmeröfen und Altholzheizungen und wurde deshalb entsprechend angepasst.
Wieviel Energieholz steht zusätzlich noch zur Verfügung?
Das Potenzial ist keine fixe Grösse, sondern verändert sich je nach wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen. Je höher der Preis, desto grösser ist das Angebot. Die rund 245’000 Waldbesitzenden bieten bevorzugt diejenigen Holzsortimente an, bei denen der Preis stimmt. Dies trifft vor allem auf das Energieholz zu, weniger auf das Stammholz für Sägereien und noch viel weniger auf das Industrieholz. So hat die Energieholznutzung zwischen 1990 und 2022 jährlich um durchschnittlich mehr als 70’000 Kubikmeter zugenommen, während der Stammholzabsatz auf stabilem Niveau verharrte und der Industrieholzmarkt deutlich an Bedeutung verlor.
Energieholz-quelle | Verbrauch 2022 | Potenzial total | Potenzial verbleibend | |||
m3/a | GWh/a | m3/a | GWh/a | m3/a | GWh/a | |
Waldholz | 2’607’500 | 7’118 | 3’479’300 | 9’498 | 871’800 | 2’380 |
Landschaftsholz | 326’700 | 892 | 456’800 | 1’247 | 130’100 | 355 |
Restholz | 1’383’300 | 4’049 | 1’483’300 | 4’049 | – | – |
Altholz | 1’082’600 | 2’955 | 1’364’300 | 3’725 | 281’700 | 770 |
Total | 5’500’100 | 15’015 | 6’783’700 | 18’520 | 1’283’600 | 3’505 |
Das Theoretische Potenzial von Waldholz liegt bei rund 10 Millionen Kubikmetern. Seine Nutzung ist weder sinnvoll noch möglich, weil es auch sehr schlecht zugängliche Bergwälder sowie Naturreservate umfasst. Günstige Importe oder das Verhalten der Waldbesitzenden vermindern den Ausschöpfungsgrad des Theoretischen Potenzials zusätzlich. Dennoch bietet der Wald noch die grösste zusätzlich nutzbare Holzmenge.
Gut 80 Prozent des Potenzials sind genutzt
Die Analysen von Holzenergie Schweiz ergeben ein heute zusätzlich nutzbares Wald-, Landschafts- und Altholzpotenzial von 1,28 Millionen Kubikmeter. Dies entspricht noch etwa 20 Prozent des gesamten sinnvoll nutzbaren Potenzials. Mittel- und langfristig lässt sich mit Effizienzsteigerungen und Optimierungen der bestehenden Holzheizungen und Nahwärmenetze deren Holzverbrauch um 10 bis 15 Prozent vermindern, was etwa 0,3 bis 0,5 Millionen Kubikmeter für zusätzliche Anwendungen «freispielen» würde. Die intelligente Integration zusätzlicher Energiequellen wie Photovoltaik/Wärmepumpen oder thermische Solaranlagen in bestehende Anlagen könnten den Holzverbrauch – vor allem im Sommerhalbjahr – zusätzlich senken, vielleicht um 0,5 Millionen Kubikmeter. Dadurch steigt das für zusätzliche Heizungen nutzbare Potential auf gut 2 Millionen Kubikmeter. Verbrauchsmindernd wird sich auch die Klimaerhitzung auswirken, wobei quantitative Aussagen hierzu schwierig sind.
Prioritäten der Nutzung richtig setzen
Für das verbleibende Potenzial sind die Absatzkanäle sinnvoll zu priorisieren. Erste Priorität hat die dezentrale Nutzung. Sehr grosse Anlagen (mehr als 10 MW Leistung) sind zu vermeiden, da sie lange Holztransportwege verursachen und «Klumpenrisiken» darstellen. Pelletheizungen sollten eine Leistung von 1’000 kW nicht übersteigen. Die Herstellung von Pellets direkt aus Waldholz hat nur 2. Priorität.
Holzenergie Schweiz sammelte im ganzen Land Informationen zu Projekten, die bereits konkret geplant sind oder erst als Ideen «herumschwirren». Daraus resultieren grosse künftige Holzverbräuche. Bekannt sind konkrete Projekte, die knapp 1 Million Kubikmeter Energieholz pro Jahr verbrauchen werden. Projekte, die erst auf «Ideenstufe» sind, bräuchten zusätzlich etwa 900’000 Kubikmeter. Das verfügbare Potenzial erlaubt die Realisierung aller konkret geplanten Projekte sowie der Projektideen. Es hat also noch Luft nach oben, ohne die stoffliche Holzverwertung zu konkurrenzieren oder den Wald zu übernutzen.
Damit die vollständige Nutzung des vorhandenen Potenzials in geordneten Bahnen verläuft, ist ein periodisches nationales Holzenergie-Monitoring ein Gebot der Stunde. Denn das Gesetz der Nachhaltigkeit und die stoffliche Nutzung des Holzes als langfristiger CO2-Speicher sind zu respektieren. Ebenso sind künftige Importe im grossen Stil kritisch zu hinterfragen, da andere Länder ihr Holz selber brauchen werden. Das Monitoring Holzenergie kann einen wichtigen Beitrag zu einer effizienten Nutzung der Holzenergie leisten und Impulse für oder gegen neuartige Verwendungen liefern. Dazu gehören die Produktion von Prozesswärme und Strom, vielleicht auch die Herstellung von Pflanzenkohle sowie langfristig die Produktion von Wasserstoff aus Holz.
Holzenergie Schweiz
Der Branchenverband Holzenergie Schweiz betreibt seit 1979 einen professionellen Informations- und Beratungsdienst und setzt sich bei Behörden und Entscheidungsträgern für eine vermehrte Nutzung der «Wärme aus dem Wald» ein. www.holzenergie.ch