Flughafen mit eigenem «Weinberg»

Der «Weinberg» auf dem Dach hat noch eine zusätzliche Wirkung: Er kühlt die riesige Halle, die darunterliegt, sodass Energie für die Klimatisierung eingespart werden kann. Visualisierung: vinoly.com
Der «Weinberg» auf dem Dach hat noch eine zusätzliche Wirkung: Er kühlt die riesige Halle, die darunterliegt, sodass Energie für die Klimatisierung eingespart werden kann. Visualisierung: vinoly.com

Das neue internationale Flughafenterminal von Florenz ist eine Hommage an das toskanische Erbe und bietet gleichzeitig neue Infrastrukturen, die das städtische Umfeld verbessern sollen.

Weinbau wird in Florenz laut den Plänen des Architekturbüros Rafael Viñoly Architects künftig auf einer Fläche von 19 Hektar auf dem Dach einer Halle des dortigen Flughafens betrieben. Der Aeroporto Amerigo Vespucci wird nach dem Ausbau jedes Jahr voraussichtlich über 5,9 Mio. Passagiere abfertigen, gut doppelt so viele wie heute. Er verfügt über eine Fläche von 50’000 m2 und wird durch unterschiedliche Verkehrsmittel miteinander verbunden. Darunter befindet sich auch ein neues Stadtbahnsystem, das eine schnelle und nachhaltige Verbindung zwischen dem Flughafen, der Stadt und der Region ermöglicht.

Eine der wichtigsten Massnahmen des Projekts ist die Neuausrichtung der bestehenden Start- und Landebahn des Flughafens. Diese ist unzureichend kurz und wird durch die nahen gelegenen Hügel beeinträchtigt, welche die Nutzung durch viele moderne Flugzeuge einschränken. In dem neuen Konzept wird die Start- und Landebahn um 90 Grad von den Hügeln abgedreht und verlängert.

Leed-Platin-Zertifizierung angestrebt
Lineare Strukturen aus Betonfertigteilen enthalten den Boden und die Bewässerung des Weinbergs und werden von einem Netz verzweigter Säulen getragen, welche die Flexibilität für die internen Komponenten des Terminals sicherstellen. Zwischen jeder dieser schrägen, aufgeständerten Strukturen – insgesamt 38 mit einer Breite von 2,8 m und einer Länge von 455 bis 570 m – befinden sich 1,2 Meter breite, isolierte Oberlichter, die den Innenraum mit natürlichem Licht durchfluten. Der trapezförmige Querschnitt der Strukturen (unten schmaler als oben) vergrössert den Blickwinkel auf den Himmel von unten. Insgesamt gibt es 38 Reihen Reben, die auf dem Dach des Gebäudes wachsen werden und hervorragende Wärmedämmeigenschaften aufweisen und so zur angestrebten LEED-Platin-Zertifizierung des Gebäudes beitragen.

Das Design des neuen Flughafens schafft auch ein Gefühl für den Ort und verbessert das Erlebnis für die Passagiere. Flughäfen sind oft verwirrende Orte, durch die man sich bewegt und denen es an einem Erlebniszentrum mangelt, da die Ankunfts- und Abflugbereiche in der Regel nebeneinander oder vertikal übereinander angeordnet sind. Die Ankunfts- und Abflugbereiche sind um einen grossen öffentlichen Raum – einer «Piazza» in der Mitte des neuen Terminals – platziert. Dort befinden sich der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Parkplätzen und Einzelhandelsgeschäften, die sowohl der lokalen Bevölkerung als auch den Reisenden dienen.

Auf der einen Seite dieses öffentlichen Raums führt der ebenerdige Check-in-Bereich zu einer Reihe von Rolltreppen, die in 8 m Höhe zu einer Plattform führen, auf der sich die Einreisekontrolle, der Duty-Free-Bereich, Restaurants und Lounges befinden. Die Plattform überspannt die Piazza und die Ankunftshallen und führt zu einer grossen Abflughalle, deren Gates und vollständig verglastes Dach den Blick auf die Start- und Landebahn und die umliegenden Hügel freigeben.

Erster Abschnitt wird 2026 fertig
Die Reben werden von einem der führenden Winzer der Region angebaut und geerntet. Der Wein wird vor Ort in speziellen Weinkellern hergestellt und ausgebaut. Eines wird dem Winzer die Arbeit erleichtern: Maschinen, die für die Pflege der Reben nötig sind, werden per Aufzug auf das Dach gebracht. Auf dem gleichen Weg wird die Ernte transportiert. Dazu reicht der Lift bis in den Keller, der die Kellerei sowie Fässer beherbergt, in denen der Wein reifen kann und schliesslich abgefüllt wird.

Der «Weinberg» auf dem Dach hat noch eine zusätzliche Wirkung: Er kühlt die riesige Halle, die darunterliegt, sodass Energie für die Klimatisierung eingespart werden kann. Der Flughafen wird in zwei Phasen ausgebaut. Der Teil mit den Reben soll 2026 in Betrieb genommen werden. Neun Jahre später wird, wie geplant, dann auch der Ausbau abgeschlossen sein.