Immer mehr Menschen weltweit sprechen sich dafür aus, dass Toiletten unabhängig vom Geschlecht genutzt werden können. Was bereits in Privathaushalten, dem Zug oder Flugzeug völlig normal ist, soll nun auch in öffentliche Gebäude Einzug finden. Die Idee dahinter: Jeder einzelnen Person soll der Toilettengang sicher und diskriminierungsfrei ermöglicht werden, ungeachtet ihrer geschlechtlichen Identität. Geberit möchte aktiv dazu beitragen, inklusivere Toiletten zu schaffen, in denen sich alle Nutzenden gleichermassen wohl und sicher fühlen können. Hierfür hat das Unternehmen Fachleute, Behörden und betroffene Personen befragt, um so die räumliche Planung von sogenannten Universal Toilettenanlagen voranzutreiben.
Zu einem Drittel für Mädchen, zu einem Drittel für Knaben, zu einem Drittel universal: Die im Juni 2022 aktualisierten Raumstandards für den Bau von Volksschulanlagen der Stadt Zürich erlangten mit ihrem Massstab zur Errichtung von genderneutralen WC-Anlagen eine weitdiskutierte öffentliche Aufmerksamkeit. So führte die Stadt Zürich als kommunale Stelle eine Richtlinie ein, die Toiletten nutzbar für alle Geschlechter vorschreibt. Über ähnliche Konzepte verfügen bereits die Städte Bern und Luzern seit wenigen Jahren. Abseits der Schulen sind vereinzelt in Restaurants oder Bars Universale Toilettenanlagen ausprobiert worden. International gehören Universal Toiletten in Ländern wie beispielsweise Schweden oder Kanada zum alltäglichen Bild. In der Schweiz gibt es jedoch kaum modellhafte Raumkonzepte und somit besteht oft Unklarheit über die Gestaltung dieser Räume.
Universal Toiletten – für wen?
Insbesondere für Menschen die nicht den traditionellen Geschlechtsvorstellungen entsprechen, wie beispielsweise Trans-Personen, birgt die Nutzung öffentlicher Toiletten das Risiko von Gewalt. Dies kann sich in Form von Blicken, Bemerkungen, Beleidigungen, Übergriffen oder sogar dem Verweigern des Zugangs zu den sanitären Anlagen äussern. Universal Toiletten, die geschlechtsneutral genutzt werden, können hier also klar Abhilfe schaffen. Inklusivere Toiletten kommen aber auch Menschen zugute, die auf eine Assistenzperson angewiesen sind oder Eltern mit ihren Kindern, zum Beispiel dem Vater und seiner Tochter. Von Toiletten ohne Geschlechtertrennung können also etliche Personen mit den unterschiedlichsten Ansprüchen profitieren.
In Dialog treten
In Interviews und Befragungen mit betroffenen Personen, Fachleuten sowie Behörden wurden den Bedürfnissen und Anforderungen der Universal Toiletten auf den Zahn gefühlt. Wie gewährleistet man Sicherheit und Privatsphäre in öffentlichen Toiletten? Wie lässt sich Komfort und Hygiene für alle Nutzenden garantieren, ohne dass es zu Kapazitätsengpässen kommt? Und vor allem: Wie lassen sich bestehende Anlagen einfach und effektiv umnutzen? Die aufschlussreichen und spannenden Gespräche zeigten auf, dass bereits mit kleinen Massnahmen, positive Veränderungen bewirkt werden können. Es bedarf nicht immer dem Einsatz eines Vorschlaghammers und umfangreicher Renovierungsarbeiten, um Universal Toiletten einzurichten.
Der Konsens ist klar
Eine durchdachte Beschilderung, die sogenannte Signaletik, sei eines der kraftvollsten Werkzeuge um einen sicheren Ort herzustellen, so der Konsens der Befragten. Stereotypische Symbole für «weiblich» und «männlich» halten veraltete gesellschaftliche Vorstellungen aufrecht und setzen so voraus, wie die Nutzenden auszusehen hätten. Dies könne alle gefährden, die nicht in diese Schublade passen. Besser sei es, die Infrastruktur, beispielsweise «WCs und Pissoirs», auf den Türen zu nennen. In Universal Toiletten soll die Privatsphäre innerhalb der Kabinen zu mehr Sicherheit und Komfort tragen, während die Frequenz und Offenheit der angrenzenden Zonen zu mehr Sicherheit führen. Auch gelte es, Themen wie die persönliche Hygiene, Kinderbetreuung und Menschen mit erhöhtem Pflegebedürfnis zu berücksichtigen.
Beispiel Lausanne
Ein Sanierungsprojekt der Universität Lausanne beweist, wie ohne Einbusse in der Kapazität und Effizienz, eine Toilettenanlage erfolgreich umgebaut werden kann. Inmitten des hektischen Studienalltags bieten nunmehr 20 private Einzelkabinen, ausgestattet mit individuellen Waschbecken, ausreichend Privatsphäre, um sich den persönlichen Bedürfnissen hinzugeben. Dazu steigert die zentrale Lage an einem gut frequentierten Ort die Sicherheit. Des Weiteren steht ebenfalls ein separater Raum mit abgetrennten Urinalen zur Verfügung.
Durch die Gestaltung von Toilettenanlagen als Orte ohne geschlechtliche Trennung kann eine diskriminierungsfreie und inklusive Umgebung geschaffen werden, ohne Einbusse in der Kapazität und Effizienz. Richtig geplant, werden Wartezeiten verringert und der Komfort gesteigert – davon profitieren alle. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, im Prozess betroffene Personen als Expertinnen und Experten zu Rate zu ziehen, ihre Erfahrungen anzunehmen und situativ in die Gestaltung neuer Toilettenlösungen zu integrieren. Nur so können innovative Toilettenlösungen entwickelt werden, die den Bedürfnissen aller Nutzenden gerecht werden.
Empfehlungen für Universal Toilettenanlagen
Signaletik
– auf Stereotypen verzichten
– mit Symbolen Infrastruktur aufzeigen
– einfach und verständlich für Menschen jeglichen Hintergrunds
– SIA-Norm 500 (Sehbehinderungen)
Sicherheit und Privatsphäre
– Toilettenkabinen von Boden bis Decke geschlossen, ein Spalt an der Unterseite der Türe steigert die Sicherheit, da eine akustische Verbindung von innen nach aussen möglich ist.
– Urinale mit Trennwand verbauen
– Toilettenanlagen an gut frequentierten Orten errichten
– Sackgassen und tote Winkel vermeiden
– Eine offene und helle Raumgestaltung steigert die Sicherheit
Ausstattung und Komfort
– Jede Kabine mit Mülleimer und Hygienebeutel ausstatten
– Universaler Zugang zu Wickeltisch
– Urinale abgetrennt von Einzelkabinen installieren
– Universal Toiletten nicht in barrierefreien Toiletten integrieren
Prozess
– Erfahrungen und Wünsche von betroffenen Personen entgegennehmen und diese in die Planung miteinbeziehen