Im Dienste der Pucks

Bald wird sich erweisen, ob die Swiss Life Arena massentauglich ist und ob die Architektur auch den Ansturm rauflustiger Sportsfreunde bewältigen kann. Foto: Manuel Pestalozzi
Bald wird sich erweisen, ob die Swiss Life Arena massentauglich ist und ob die Architektur auch den Ansturm rauflustiger Sportsfreunde bewältigen kann.
Foto: Manuel Pestalozzi

Die Swiss Life Arena ist die neue Spielstätte der Eishockeyclubs ZSC Lions. Das Stadion in Zürichs Stadtteil Altstetten steht zwischen Eisen- und Autobahn. Das gibt ihm eine Portalfunktion. Auch auf diese geht die Architektur ein.
Text: Manuel Pestalozzi

 

 

 

Lange spielten die ZSC Lions im legendären Hallenstadion aus den 1930er-Jahren. Dieses mussten sie allerdings mit anderen Nutzungen teilen. In der Swiss Life Arena führt der Club beim Betrieb selbst Regie und muss sich auch darum kümmern, dass er mit Events etc. neben dem Trainings- und Spielbetrieb seiner Equipen genügend Einnahmen generieren kann. Das erklärte Peter Zahner, CEO bei ZSC Lions AG, anlässlich eines Presserundgangs am 11. Oktober 2022, eine Woche vor dem ersten Meisterschaftsspiel in der neuen – eigentlich der ersten – Heimstätte seines Clubs.

Das Stadion ging aus einem internationalen Wettbewerb hervor. Dem siegreichen Projekt von Caruso St John Architects, die in London und in Zürich Büros unterhalten, gelang es gemäss Peter Zahner, auf dem relativ knapp bemessenen Grundstück keine toten Flächen und ausreichend Verkehrsflächen zu generieren. Dies gelang dem Entwurfsteam nicht zuletzt dadurch, dass sie das Eisfeld in der Arena parallel zu den Gleisen und den Pisten der Autobahn ausrichteten, im Gegensatz zum Vorschlag aus einem Masterplan. Die Hockeyteams spielen somit stadtaus- und stadteinwärts. Die Ränge für die Zuschauer sind fast alle an den Längsseiten des Spielfelds angeordnet. Sie sind steil, so wie auch die meisten Teppen in der Anlage.

Anreise mit dem öffentlichen Verkehr notwendig
Die Fans erreichen die Arena mit ihren 12’000 Plätzen über die wenig befahrene Vulkanstrasse, die der Bahnstrecke entlangführt. Sie müssen mit dem öffentlichen Verkehr anreisen, Parkplätze gibt es für sie keine. Die meisten steigen über zwei breite Aussentreppen an den Schmalseiten zuerst auf eine ausgedehnte, offene Terrasse über der Vulkanstrasse. Von diesem mittleren Niveau gelangen sie in ein Foyer und anschliessend in die Arena. Unter der Terrasse befindet sich auch ein grosser Restaurationsbetrieb mit einem nach Süden, zum Gleisfeld orientieren Aussenbereich, der schon jetzt rege besucht wird. Auf der Seite der Autobahn ist in einer fensterlosen Halle das Trainingsfeld untergebracht. Es bleibt im Gegensatz zur Arena über das ganze Jahr mit Eis beschichtet. Darüber erstreckt sich ein grosser Event-, Lounge- Konferenz- und Gastronomiebereich, der an die Arena grenzt und Ausblicke in sie ermöglicht. Hier gibt es ein vielseitiges gastronomisches Angebot. Bis zu 2’190 Plätze kann es zusammen mit dem Restaurationsbetrieb bedienen, das sei für Sportstätten ein Schweizer Rekord, sagte Peter Zahner.

Klassische englische Architektur
Die Architektur der Swiss Life Arena vermengt Funktionalität souverän mit Theatralik. Wegen seiner Lage nahe grosser Verkehrswege hat die exponierte Anlage eine Portalfunktion am westlichen Eingang zur Stadt. Das floss in die Überlegungen des Entwurfsteams ein. Mit gestalterischen Massnahmen wollte man auch deutlich machen, dass es sich um ein Gebäude für die Allgemeinheit handelt. Die vertikal gerippten oder gewellten Betonelemente der Fassaden erinnern an Vorhänge. An den Schmalseiten sind sie geschwungen und rund sieben Meter angehoben. Sie geben runde, dunkel eingefärbte und gegen die Mitte leicht anschwellende Stützen frei. Hinter ihnen verlaufen Arkaden. An den Längsfassaden werden die «Betonfalten» um runde Stufenglasfenster optisch gerafft. Die Gestaltung sei «quasi klassisch», meinte Architekt Adam Caruso anlässlich der Pressebegehung. Das sei ein bisschen ein Witz, aber in seiner Aussage durchaus auch ernst gemeint. Es erinnere einerseits an ein «Royal Tent», wie es im angelsächsischen Raum an grossen Gartenpartys oder «Public Functions» zum Einsatz kommt, andererseits auch an die Bekleidungstheorie des Architekten Gottfried Semper, welcher an der ETH Zürich die akademische Lehre im Baufach begründete. «Serious but witty», bezeichnete Adam Caruso die Architektursprache. Ein stets wiederkehrendes Gestaltungsmotiv sind kreisrunde Löcher und Scheiben in Wandverkleidungen oder -beschichtungen, in der Signaletik und in der Bodengestaltung. Sie lassen nie vergessen, dass Pucks an dieser Stätte die Hauptsache sind.