KI-basiertes Tool schafft Durchblick im Baurecht

Das Projekt «Regulatory Information System for Real Estate» ist auf zweieinhalb Jahre ausgelegt und dauert voraussichtlich bis Ende 2025. Foto: AdobeStock
Das Projekt «Regulatory Information System for Real Estate» ist auf zweieinhalb Jahre ausgelegt und dauert voraussichtlich bis Ende 2025. Foto: AdobeStock

Baubewilligungsverfahren dauern immer länger. Ein Grund dafür sind die rund 2000 qualitativ sehr unterschiedlichen Baugesetze auf Gemeindeebene. pom+Consulting AG und die Hochschule Luzern entwickeln deshalb ein KI-basiertes Tool, das bei der effizienten Planung von Bauprojekten helfen soll.

 

 

Wer in der Schweiz bauen will, sieht sich mit einer Flut von Bestimmungen konfrontiert. Bauliche Regelungen existieren sowohl auf Bundes-, auf Kantons- als auch auf Gemeindeebene. In der Theorie sind sie zwar aufeinander abgestimmt. Doch der Teufel steckt oft im Detail: So gilt in Städten und Gemeinden zwar die kantonale Richtplanung, innerhalb dieser besteht per Gesetz aber ein «Ermessenspielraum», der ganz un- terschiedlich ausgelegt werden kann. Weiter sind auf Gemeindeebene zahlreiche Baugesetze mit Ausnahmen versehen oder lassen aufgrund ihrer Formulierung Interpretationsspielraum offen.

Das hat Konsequenzen: Die durchschnittliche Bewilligungsdauer von Bauprojekten hat sich in den letzten Jahren markant erhöht. Bei Wohnneubauten lag sie im Jahr 2022 bereits 34 Tage über dem Wert von 2016. Das entspricht einem Anstieg von 32 Prozent. «Ein klares Zeichen dafür, dass die Unsicherheit bei der Planung von Bauvorhaben wächst», sagt Daniel Steffen, Ökonom an der Hochschule Luzern (HSLU). «Die Folgen sind administrative und finanzielle Mehraufwände – sowohl bei Architekturbüros als auch bei den Bewilligungsbehörden.» Steffen ist Teil eines neu lancierten Projekts der Immobilienberatungsfirma pom+ und einem Team aus Wirtschafts- und Informatik-Forschenden der HSLU. Das Ziel: Ein Tool zu entwickeln, das wichtige Informationen aus Baugesetzen von Schweizer Gemeinden in kürzester Zeit maschinell extrahiert, analysiert und strukturiert zur Verfügung stellt. Damit könnten Planungsprozesse deutlich vereinfacht, Unsicherheiten vermieden und Kosten gespart werden.

KI analysiert und gibt Handlungsempfehlungen
Das Projektteam setzt im Projekt auf «Natural Language Processing», eine Methode der Künstlichen Intelligenz (KI). Der Computer lernt, menschliche Sprachdaten zu verarbeiten, zu interpretieren und darauf zu reagieren. Dazu wird die KI stetig mit den aktuellen Baugesetzen der Schweizer Gemeinden «gefüttert». Ziel ist unter anderem, dass die KI klar formulierte Regelungen erkennt und automatisiert kodiert. Diese werden anschliessend in bestehende Planungstools der Baubranche integriert. Weiter sollen unklar formulierte Regelungen nach Komplexität sortiert und mit Handlungsempfehlungen versehen werden. «Wir können damit der Branche ein Instrument zur Verfügung stellen, das Chancen und Potenziale verlässlich erkennt und Risiken minimiert», sagt Peter Staub, Verwaltungsratspräsident von pom. Damit könne dieses Tool auch einen Beitrag zur erfolgreichen Verdichtung leisten und sowohl der Immobilien- und Baubranche wie auch den Gemeinden dienen.

Das Projekt «Regulatory Information System for Real Estate» ist auf zweieinhalb Jahre ausgelegt und dauert voraussichtlich bis Ende 2025. Es wird von Innosuisse, der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung, unterstützt.

 

Hauptziele des Projekts «Regulatory Information System (RIS) for Real Estate»

1.  Klar formulierte Regelungen aus Baugesetzen sollen mittels KI kodiert und so aufbereitet werden, dass sie direkt in bestehende Planungstools der Baubranche integriert werden können. Planungsprozesse können so deutlich an Effizienz gewinnen.

 

2.   Unklare Aussagen werden nach Komplexität strukturiert und mit Handlungsempfehlungen versehen: Wann sind zusätzliche Abklärungen nötig und an wen soll man sich dafür wenden? Ausschlaggebend sind der identifizierte Ermessenspielraum und allfällige Ausnahmeregelungen, die in Zusammenhang mit einem bestimmten Gesetz stehen.

 

3.  Drittens will das Projekt der Dynamik der Baugesetzgebung Rechnung tragen. Deshalb werden die mit der KI verarbeiteten Texte nicht einmalig erhoben, sondern kontinuierlich überwacht. Erkennt das System Veränderungen der verlinkten Dokumentenquellen, erfolgt unmittelbar eine Aktualisierung.

 

4.  Abschliessend wollen die Forschenden herausfinden, ob und wenn ja, wie lokale Baugesetze die bauliche Entwicklung systematisch beeinflussen. Ein Beispiel: Welche Paragrafen hemmen bzw. fördern Verdichtung oder nachhaltige Bauweisen? Dies ist auch für den Diskurs rund um die Auswirkungen lokaler Baugesetze auf die städtische Entwicklung relevant.