Konzentrierter im Büro arbeiten

Das Raumlabor für ganzheitliche Wirkungsforschung (High Performance Indoor Environmental Lab) am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP in Stuttgart. Foto: Fraunhofer IBP
Das Raumlabor für ganzheitliche Wirkungsforschung (High Performance Indoor Environmental Lab) am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP in Stuttgart. Foto: Fraunhofer IBP

Rund 40 Prozent aller Erwerbstätigen arbeiten in einem Büro. Doch oftmals werden Büroimmobilien den Bedürfnissen moderner Arbeitsanforderungen nicht gerecht und führen zu Reizüberflutung, Ablenkung und Stress. Internationalen Studien zufolge nehmen Büroarbeiter vor allem die Akustik als besonderen Störfaktor wahr. Wie sich diese leistungsmindernden Einflüsse reduzieren lassen, demonstrieren Fraunhofer-Forscher. Sound Masking lautet das Zauberwort.

Raum- und Arbeitsplatzgestaltung haben massgeblichen Einfluss auf Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit, dies ist wissenschaftlich längst bewiesen. Dennoch erfüllen – trotz normgerechter Ausführung – viele der Millionen von Büroarbeitsplätzen die Bedürfnisse moderner Arbeitsanforderungen nicht. Normen garantieren in der Regel nur eine Mindestqualität. Fragt man Menschen in Büros nach ihrer Zufriedenheit mit verschiedensten Aspekten ihres Arbeitsumfelds, stehen akustische Umgebungsbedingungen ganz oben auf der Beschwerdeliste. Störungen oder Arbeitsunterbrechungen durch Gespräche von Kollegen bzw. der «leise Lärm» sind Ursachen für die zunehmenden psychischen Belastungen im Büro. Die Folgen: Unzufriedenheit, mehr Fehler und schlechtere Arbeitsergebnisse, erhöhte Absenzen und gesteigerte Mitarbeiterfluktuation.

Sound Masking in Büroumgebungen erhöht das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Illustration: Fraunhofer IBP
Sound Masking in Büroumgebungen erhöht das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Illustration: Fraunhofer IBP

Neutrale Schallsignale überlagern Hintergrundschall
«Die aktuell angewandten Kenngrössen aus Richtlinien und Normen zur raumakustischen Konditionierung von Büroflächen gewährleisten keine ausreichend und wahrnehmbar gute akustische Qualität», sagt Noemi Martin, Wissenschafterin am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP in Stuttgart. Die störenden Einflüsse im Büro fordern kreative und innovative Lösungen. Mit Sound Masking (Geräuschüberdeckung) bieten Martin und ihre Kollegen vom Fraunhofer IBP eine Technologie zur Verbesserung der akustischen Umgebungsbedingungen. Dabei wird störendes Hintergrundsprechen durch das Einspielen neutraler Schallsignale (Rauschen) zielgerichtet überlagert. Sound Masking soll die empfundenen Störungen durch irrelevanten Sprachschall reduzieren, die Leistungsfähigkeit steigern und das Privatheitsempfinden der Mitarbeiter erhöhen. Gerade in Grossraumbüros führen schlechte Akustik und enges Zusammensitzen zu häufigen Arbeitsunterbrechungen und zu einer starken Beeinträchtigung der Privatsphäre.

Die entsprechenden Systeme lassen sich teils unsichtbar in die Architektur oder ins Mobiliar integrieren. «Um die akustischen Bedingungen zu verbessern, wird der Umgebung Schall hinzugefügt, was für die meisten Menschen intuitiv nicht nachvollziehbar ist. Dabei wird das Grundgeräusch zielgerichtet angehoben, Gespräche von Kollegen lassen sich dadurch überdecken – die Sprachverständlichkeit wird so reduziert», erläutert Martin das Grundprinzip von Sound Masking.

Mit dem Raumlabor für ganzheitliche Wirkungsforschung haben die Wissenschafter und am Fraunhofer IBP eine Testumgebung geschaffen, in der sie den Zusammenhang zwischen negativen Wirkfaktoren in der Arbeitsumgebung und gesundheitlicher sowie leistungsbezogener Beeinträchtigung und Minderung des Wohlbefindens untersuchen. Dieser Zusammenhang gilt aber nicht nur für Büroräume, sondern auch für vergleichbare Räume in Bildungseinrichtungen, Krankenhäusern und anderen Gebäuden. In dem Raumlabor erforschen die Experten am Fraunhofer IBP innovative Lösungen wie das Sound Masking. «Wichtig ist es, die Akzeptanz des Systems bei den Mitarbeitern zu fördern, etwa durch das Entwickeln angenehmer Signale sowie durch das Lehren des richtigen Umgangs mit der Technologie», so Martin.