Lohnende Betriebsoptimierung

Im Westschweizer Hauptsitz von Fenaco in Puidoux konnte man dank automatischer Nachtauskühlung auf eine Klimaanlage verzichten. Foto: zvg
Im Westschweizer Hauptsitz von Fenaco in Puidoux konnte man dank automatischer Nachtauskühlung auf eine Klimaanlage verzichten. Foto: zvg

Investitionen in die energetische Betriebs optimierung zahlen sich sehr rasch aus. Die Gesetzgebung zeigt den Weg auf, jedoch sollte sich jeder Bauherr des eigenen Nutzens bewusst sein.
Text: Pierre Schoeffel, GNI

 

 

 

 

Seit einigen Jahren ist bekannt, dass in der Schweiz über eine Million Zweckbauten und beinahe doppelt so viele Wohngebäude für ungefähr die Hälfte des gesamten Energiever-brauchs des Landes verantwortlich sind. Die Zweckbauten sowie die grossen Wohnüberbauungen sind die grössten Energieverbraucher. Daher ist ihr effizientes Energiemanagement einer der Schlüsselfaktoren, um die Sparziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen.

Ob diese Ziele erreicht werden, ist vom Verhalten der Bauherrschaften abhängig sowie von ihrer Motivation, sich mit dem Energieverbrauch ihrer Immobilien zu befassen. Die Thematik Energieeffizienz gewinnt für viele institutionelle Bauherren, Investoren und Eigentümer grösserer Liegenschaften an strategischer Bedeutung.

Die Gründe dafür sind sicher in erster Linie das gestiegene Bewusstsein für die Notwendigkeit der betriebswirtschaftlichen Energieoptimierung, der Wunsch, die Nebenkosten in einem vernünftigen Rahmen zu halten, und nicht zuletzt die behördlichen Vorschriften.

Mit den aktuellen Mustervorschriften der Kantone (MuKEn) weist der Gesetz geber auf die Bedeutung einer energieeffizienten Gebäudetechnik hin. Im Modul 5 wird die bedarfsgeführte Gebäudeautomation für Gebäude mit einer Energiebezugsfläche grösser als 5000 m² zur Pflicht erklärt. Modul 8 schreibt eine periodische Betriebsoptimierung vor. Die Gebäudeautomation dient als Mittel und Zweck, um diese Anforderungen umzusetzen.

Aus verständlichen Gründen konnte die Automation nicht für jedes Gebäude als Pflicht eingeführt werden. Wichtig ist aber folgende Erkenntnis: Die Gebäudeautomation unterbindet den «Betrieb ohne Nutzen», indem sie prüft, ob Benutzer im Gebäude anwesend sind und ob sie Beleuchtung, Belüftung, Heizung oder allenfalls Kühlung brauchen. Werden beide Fragen mit Ja beantwortet, so fliesst Energie. Im anderen Fall wird ab- oder in einen kontrollierten Standby geschaltet, in einzelnen Räumen, in Gebäudeteilen oder im gesamten Gebäude.

Jedes Gebäude kann optimiert werden
Wohnbauten sind von der Pflicht der energetischen Betriebsoptimierung ausgenommen, obwohl sie bei vielen sehr sinnvoll wäre. Erfreulich ist, dass zahlreiche Wohneigentümer die vom Gesetzgeber ausgesendeten Signale erkannt haben. In der Tat sollten sie alle aus rein wirtschaftlichen Gründen Schritte zur Optimierung des Betriebs ihrer technischen Anlagen einleiten.

In älteren Gebäuden ist Isolieren eine gute Massnahme, sollte aber mit technischen Anpassungen einhergehen. Ein mustergültiges Beispiel dafür ist das Gebäude des Westschweizer Hauptsitzes von Fenaco in Puidoux. Dort wurden die Fassaden renoviert, der Sonnenschutz automatisiert und ein Energiemonitoring eingeführt mit einer Visualisierung, die den Nutzenden in Echtzeit aufzeigt, welche Auswirkungen ihr Verhalten auf die Temperatur im Gebäude und auf den Energieverbrauch hat. Das spektakulärste Ergebnis des Sanierungsprojekts ist die Tatsache, dass auf eine Klimaanlage verzichtet werden konnte, weil die neu installierte Gebäudeautomation im Sommer dazu verwendet wird, das Gebäude nachts abzukühlen.

Kluft zwischen Theorie und Praxis
Bei neueren Gebäuden sind Betriebsoptimierungsprozesse in den allermeisten Fällen nötig, weil das Gebäude aus verschiedensten Gründen nicht so funktioniert, wie es dies gemäss der Planung tun sollte. So kommt es zu den sogenannten Performance Gaps. Dies hören sicher nicht alle gern, aber etwas anderes zu behaupten, wäre Augenwischerei. Die Gründe für die Abweichungen sind vielfältig. Es kann zum Beispiel sein, dass während der Planungsphase Annahmen getroffen  wurden, die sich bei der Nutzung als unzutreffend erweisen. Weil alle Gebäude Unikate sind, werden bei der Planung Informationen erarbeitet mit einem Ziel: den Endtermin einzuhalten. Nach der Abgabe des Gebäudes kommt der Informationsfluss nach und nach zum Erliegen.

Ein weiterer Grund für Performance Gaps sind die Abläufe: Während der Planungs- und Realisierungsphase des Gebäudes arbeiten die Projektbeteiligten zusammen und tauschen Informationen mehr oder weniger vollständig aus. Bei der Übergabe des Gebäudes werden die Betreiber des Objekts geschult und einige Zeit unterstützt. Nach einer gewissen Zeit findet jedoch kein Wissenstransfer mehr statt. Somit fehlen die Grundlagen, um theoretische und praktische Werte punkto Energieverbrauch und Funktionen zu vergleichen und Performance Gaps aufdecken zu können.

Im MMM von Lugano wurde der Aufwand der Betriebsoptimierung innerhalb von 4 Monaten amortisiert. Foto: zvg
Im MMM von Lugano wurde der Aufwand der Betriebsoptimierung innerhalb von 4 Monaten amortisiert. Foto: zvg

Beispiel MMM Lugano: Aufwände in vier Monaten amortisiert
Je nach Gebäudeart und Nutzung fallen die Resultate von Betriebsoptimie-rungsmassnahmen unterschiedlich aus. Allgemein wird in der Branche davon ausgegangen, dass sich ein kontinuierliches Energiemonitoring und daraus abgeleitete Optimierungsmassnahmen in der Regel in weniger als zwei Jahren auszahlen. Manchmal sind die Ergebnisse sogar spektakulär, wie ein Beispiel aus Lugano zeigt: Der MMM Supermarkt Lugano wurde 2015 saniert. Aufgrund der hohen Kosten des Industriewassers, das für die Kühlung bzw. Heizung mittels Wärmepumpe eingesetzt wur-de, erhielt das Energiekompetenz-Center des Migros Genossenschaftsbunds Ende 2019 den Auftrag, die Erzeugungsanlagen zu überprüfen. Ein erster Quickscan zeigte ein grosses Optimierungspotenzial bei der Nutzung von Synergien zwischen Wärme- und Klimakältebedarf. Dies führte zur Betriebsoptimierung der bestehenden Infrastruktur mit der Auflage, allfällige Zusatzinvestitionen zu vermeiden. Im Verlauf des Projekts führten vertiefte Analysen ausserdem zu einer optimierten Regulierung der Lüftungsanlagen und somit zu zusätzlichen Stromeinsparungen, weil unter anderen die Ver-braucheranforderungen für Klima und Heizung nach effektivem Bedarf eingestellt wurden. Die Zahlen sprechen für sich: 189’000 m³ Energiewasser pro Jahr und rund 10 MWh Strom pro Monat werden eingespart.

Es sei angemerkt, dass die Betriebs optimierung im Supermarkt mit minimalem Aufwand realisiert wurde. Die Verbesserungen sind lediglich Software- bzw. Parameteranpassungen zuzuschreiben. Die Aussage des Projektleiters sollte Gebäudebesitzer zum Handeln motivieren: «Die Aufwände konnten innerhalb von vier Monaten durch die Energiekosteneinsparungen amortisiert werden.»

 

Die Gebäude Netzwerk Initiative GNI hat die Broschüre «Energetische Betriebsoptimierung» publiziert. Sie soll dazu motivieren, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Die Broschüre kann auf der Website von GNI kostenlos bestellt werden.