Die Installation von Photovoltaikmodulen im Hochgebirge könnte das Leistungsdefizit dieser erneuerbaren Energie im Winter deutlich reduzieren, so eine gemeinsame Studie der Forschungsanstalt WSL, dem Institut für Schnee- und Lawinenkunde SLF und der Technische Hochschule Lausanne EPFL. Redaktion: Monika Schläppi
Die Schweiz hat mit der Energiestrategie 2050 den mittelfristigen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Der Strom, der nicht mehr in Kernkraftwerken erzeugt wird, muss in den kommenden Jahrzehnten aus anderen Energiequellen kommen. Um sicherzustellen, dass das Klima nicht durch zusätzliche Kohlendioxidemissionen beeinflusst wird, müssen zunächst Sonne, Wind und Geothermie genutzt werden.
Produktionsdefizite im Winter
Insbesondere die Strommenge, die durch Sonnenenergie erzeugt wird, unterliegt starken saisonalen Schwankungen. In der Regel erzeugen PV-Anlagen im Sommer mehr Strom, als der Markt benötigt. Im Winter hingegen entsteht durch die reduzierte Sonneneinstrahlung eine Versorgungslücke. Die Tage sind kürzer, die Sonne steht tiefer am Himmel und in niedrigen Lagen dominieren Nebel und Wolken. Um den Unterschied zwischen Angebot und Nachfrage auszugleichen, muss der im Sommer produzierte Strom für die Nutzung im Winter gespeichert werden. Um dieses Ziel in grossem Massstab zu erreichen, sind derzeit nur gepumpte Energieübertragungsanlagen möglich, aber die installierte Leistung ist nicht ausreichend. Darüber hinaus ist diese Lösung mit hohem Energieverlust verbunden. Aus diesem Grund wäre es sinnvoller, im Winter mehr Solarstrom zu erzeugen.
Photovoltaik im Hochgebirge
In einer kürzlich in der führenden Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichten Studie untersuchen Annelen Kahl und ihre Kollegen in der Forschungsgruppe «Snow Processes» des WSL und des an die EPFL angeschlossenen «Laboratory of Cryospheric Sciences» (CRYOS), ob im Winter mehr elektrische Energie produziert werden kann. Insbesondere mit der Installation von Photovoltaikanlagen im hochalpinen Raum und nicht im Schweizer Mittelland. Um diese Frage zu beantworten, nutzen sie unter anderem Satellitendaten zur Beurteilung der Sonneneinstrahlung für die gesamte Schweiz. Daraus leiteten die Forscher das Potenzial der Stromerzeugung mit Photovoltaik ab. Diese Untersuchung zeigt nun, dass PV-Anlagen, die in hochalpinen Regionen installiert werden, die saisonale Versorgungslücke im Winter deutlich reduzieren können, da die Sonneneinstrahlung im Winter dort grösser ist als auf dem oft von Nebel bedeckten Mittelland.
Schnee erhöht die Stromerzeugung
Darüber hinaus untersuchten die Forscher, wie schneebedeckte Böden und die Neigung von Solarmodulen die Stromerzeugung beeinflussen können. Annelen Kahl bestätigt es: «Wenn in den Bergen Photovoltaikanlagen installiert werden, kann die vom Schnee reflektierte Sonneneinstrahlung zur Produktion beitragen.» Gemäss der Studie wird ein maximaler Wirkungsgrad erreicht, wenn die Module in einem steilen Winkel installiert werden, was die Stromerzeugung im Winter erhöht. «Unsere Arbeit zeigt, dass das Produktionsdefizit, das durch den Ausstieg aus der Kernenergie entsteht, durch den Bau von Photovoltaikanlagen in den Bergen besser ausgeglichen werden kann, als durch Anlagen auf den Dächern von Gebäuden im Schweizer Mittelland. Solarmodule in grossen Höhen produzieren pro Quadratmeter nicht nur in grösseren Mengen, sondern auch dann wenn er benötigt wird», ergänzt Annelen Kahl.
Testanlage in Davos
Mit einer Testanlage auf der Totalp im Skigebiet Parsenn oberhalb von Davos untersuchen das SLF und die EPFL zusammen mit den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ) und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), derzeit technische und praktische Fragen, die sich bei der Installation von PV-Anlagen in den Bergen ergeben. Unter anderem die Neigung, welche die Solarmodule haben müssen, damit der Schnee selbstständig abrutschen kann.