Raumluftqualität ist in vielen Schulzimmern ungesund

Seit rund einem Jahr läuft in der Schweiz die Aktion «Luft zum Lernen». Dabei ist im Rahmen einer Messkampagne in über 100 Schulklassen die Qualität der Raumluft untersucht worden. Das Ergebnis ist ernüchternd – dies sowohl in Schulhäusern mit als auch ohne Lüftungsanlage.     Text: Oskar E. Aeberli

Die Qualität der Raumluft in den Klassenzimmern vieler Schulen ist schlecht, wird im Unterrichtsverlauf immer schlechter und lässt deshalb die Konzentration der Schüler sinken. Dies insbesondere dann, wenn in älteren Schulhäusern die Fenster nicht mehrmals während einer Unterrichtsstunde geöffnet werden. In neuen Schulhäusern sorgen dagegen moderne Lüftungsanlagen für eine angenehme Raumluft, sofern diese richtig geplant, eingestellt und regelmässig gewartet werden.

Messungen in über 100 Schulen
Die Aktion der Plattform MeineRaumluft.ch und der Lunge Zürich sorgt seit rund einem Jahr dafür, das Bewusstsein bei Lehrern und Schülern in den Schweizer Schulen vermehrt zu sensibilisieren. Deren Hauptziel ist es, durch die kostenlose Bereitstellung von Messgeräten vor allem die Aufmerksamkeit der Lehrer und Schüler für die Notwendigkeit guter Luft während des Unterrichts zu wecken. Dabei werden drei Messwerte, der häufig unterschätzte Kohlendioxid CO2-Gehalt, die Luftfeuchtigkeit und die Raumlufttemperatur registriert und auf einem Monitor direkt angezeigt und auf Messprotokollen festgehalten. Inzwischen sind mit der Aktion bereits Messungen in über 100 Schulklassen erfolgt.

Fazit: Mehr als die Hälfte aller Schulhäuser ohne Lüftungsanlagen haben den Grenzwert von 1400 ppm gemäss SIA-Norm für CO2-Konzentrationen überschritten. Bei solchen mit Lüftungsanlagen zeigten rund ein Viertel eine Grenzwertüberschreitung auf. Bemerkenswert ist dabei, dass wegen der besonderen Sensibilisierung der Lehrer und Schüler, durch das Messgerät in der Klasse, während der Messzeit häufiger die Fenster zum Lüften geöffnet wurden, als im normalen Schulbetrieb. Dies lässt den Schluss zu, dass die ermittelten Überschreitungszahlen üblicherweise wesentlich darüber liegen.

Ein Augenschein in Auenstein
Um sich ein Bild über den Zustand der Raumluft in einem Schulhaus vor Ort zu machen, hat der Autor die 6. Klasse der Primarschule in Auenstein AG besucht. Dieses im August 2016 eröffnete neue Schulhaus verfügt unverständlicher Weise über keine Lüftungsanlage, was die Lehrerschaft sehr bedauert. Ein Umstand, der umso bedauerlicher ist, weil die Kosten für eine Lüftungsanlage maximal fünf Prozent der gesamten Baukosten ausmachen. «Da hat die Gemeinde am falschen Ort gespart», findet auch Fachlehrer Nünlist. Er, der die Schule für die Messkampagne angemeldet hat, unterrichtet im neuen Schulhaus.

«Ich hatte das Gefühl, die Raumluft im Klassenzimmer sei relativ schlecht, und wegen der grossen Fensterfläche haben wir ständig zu heiss. Weil das im August 2016 bezogene Schulhaus über keine Lüftungsanlage verfügt, müssen wie fast permanent die Fenster offen haben, auch im Winter. Das ist unökologisch, und die Schüler beklagen sich sowohl über die dicke Luft wie über den kalten Luftzug. Als ich dann die Anzeige in ‹Bildung Schweiz› für die Aktion sah, fand ich den Zeitpunkt gekommen, um die Luftqualität objektiv zu testen», so Initiant Eric Nünlist.

Von den Messungen überrascht
Welche Erfahrungen hat die Lehrerschaft mit den Messungen gemacht? «Ich war sehr positiv überrascht, weil wir den Wert von 1000 ppm bei den während einer Woche erfolgten Messungen nie überschritten haben. Allerdings habe ich festgestellt, dass bei den Lehrpersonen trotz faktisch gleicher Voraussetzungen die Raumluftqualität doch unterschiedlich war», so das Fazit von Nünlist. Den Grund sieht der Fan von guter Raumluft darin, dass einige Kolleginnen und Kollegen die Fenster unterschiedlich häufig öffneten, was sich sofort auf den CO2-Wert auswirkte. «Im alten Schulhaus stellte ich grundsätzlich höhere Werte und damit tendenziell eine schlechtere Luftqualität fest», urteilt Lehrer Nünlist.

Schüler sind beeindruckt
Auch drei befragte Schülerinnen zeigten sich ob der Messkampagne beeindruckt. «Wir haben mit grossem Interesse immer wieder auf die Anzeige des Messgerätes geblickt. Auch versuchten wir durch ein kurzfristiges Anhauchen des Mess-Sensors einen Anstieg des CO2-Wertes zu provozieren, was uns auch gelungen ist», so deren einheitliche positive Meinung. Einen grossen Erkenntnisgewinn und eine hohe Aufmerksamkeit für die erfolgte Messkampagne bestätigt auch Schulleiterin Verena von Atzigen: «Das Bewusstsein für den hohen Stellenwert guter Raumluft während des Unterrichtes ist bei der Lehrerschaft und den Schülern durch die Kampagne sehr stark gefördert worden. Wichtig wäre es, dass die Ersteller und Betreiber von Gebäuden dem Thema Raumluft in Zukunft die notwendige Aufmerksamkeit schenken.»

Neu in der Romandie
Die Messreihe «Luft zum Lernen» läuft in der Deutschschweiz weiter und neu auch in der Suisse romande unter www.MonAirAmbiant.ch. Das Mitmachen ist schweizweit erwünscht. Die Bestellung der kostenfreien Geräte zur Messung für eine Woche pro Schulklasse ist auf der Website www.MeineRaumluft.ch leicht zu vollziehen. Die Lunge Zürich versendet die Geräte mit den Messprotokollen an die Lehrperson der eingegebenen Schuladresse.