Nach fast fünf Jahren Bauzeit weihte Swatch Anfang Oktober 2019 seinen neuen Hauptsitz in Biel ein – eine der weltweit grössten Holzkonstruktionen aus der Feder des japanischen Stararchitekten Shigeru Ban. Dieses Gebäude, das ein neues Kapitel in der Geschichte der Marke einläuten soll, fordert aktuelle Konventionen heraus, genau wie die Uhren, die hier hergestellt werden.
Auf insgesamt 240 Meter Länge und 35 Meter Breite erstreckt sich die schimmernde, geschwungene Silhouette des neuen Swatch Gebäudes. An seinem höchsten Punkt misst die Fassade 27 Meter. Das aussergewöhnliche Design bricht mit den Konventionen klassischer Bürohaus-Architektur und fügt sich harmonisch in die städtische Umgebung ein.
Eine Holzgitterkonstruktion bildet das Grundgerüst der grossflächigen Fassade. Der traditionelle Werkstoff wurde aufgrund seiner ökologischen und nachhaltigen Eigenschaften gewählt. Holz lässt sich ausserdem flexibel verarbeiten und äusserst präzise zuschneiden – wichtige Eigenschaften für eine Konstruktion, bei der es auf Millimeter ankommt. Moderne 3D-Technologie hatte während der Planung dabei geholfen, die genaue Form und Positionierung der insgesamt rund 4’600 Balken der Holzgitterschale zu definieren. Mit einem ausgeklügelten Steckprinzip wurden die einzelnen Balken passgenau miteinander verbunden. Da die Holzgitterschale des Swatch Gebäudes als grossflächige Bürofassade dient, musste sie zudem verschiedenen technischen Anforderungen gerecht werden. Ein komplexes Geflecht aus Leitungen ist diskret in ihre Struktur integriert.
Noch während die Holzkonstruktion errichtet wurde, begann der Einbau der insgesamt rund 2’800 Wabenelemente, die den grössten Teil der Fassade ausmachen. Jedes Element wurde aus bis zu 50 Einzelteilen sorgfältig massgeschneidert und seiner individuellen Funktion und Position angepasst. Drei Arten von Waben lassen sich grundsätzlich unterscheiden: das opake, das transluzente und das transparente Element. Das reguläre opake Element stellt die Mehrheit der Waben dar. Es handelt sich um ein geschlossenes Element mit extrem witterungsbeständiger und lichtundurchlässiger Aussenfolie, das in erster Linie als Sonnenschutz dient. Einige dieser Elemente lassen sich zur Entrauchung öffnen, während andere mit Fotovoltaikzellen versehen sind. Das transluzente Kissenelement wiederum ist mit Luft aufgepumpt und in der Mitte zur Wärmedämmung mit lichtdurchlässigen Polycarbonate-Platten versehen. Die Kissen, die auch einer Belastung durch Schnee oder Eis gewachsen sind, werden ständig leicht belüftet, damit sie dauerhaft unter Spannung stehen. Das transparente Element besteht aus durchsichtigem Glas. Zum Wärmeschutz wurden insgesamt vier Glasscheiben eingesetzt, zwischen die ein weisses Rollo eingelassen ist. Auch diese Elemente werden immer leicht belüftet, damit sich kein Kondensat bilden kann. Insgesamt neun Balkone mit einer Grösse von 10 m2 bis 20 m2 gewähren auf mehreren Etagen Aus- und Einblicke. Winzige weisse Punkte auf den Glasfassaden dienen als Sonnenschutz. 124 hölzerne Schweizer Kreuze an der Decke verbessern dank ihrer feinen Perforierung die Akustik in den Büros.
Nachhaltigkeit
Mit einer durchdachten Grundwassernutzung zur Beheizung und Kühlung des Gebäudes sowie mit Solarstrom aus der Fotovoltaikanlage wird massgeblich zu einer optimalen CO2 Bilanz beigetragen. Von Velospots und Ladestationen über intelligente Verdunkelungen und Verglasungen, von LED Leuchten und hocheffizienten Lüftungen bis zur thermischen Bauteilaktivierung und papierlosem Büro: Dank modernster Technik und viel Know-how zeigt das neue Swatch Gebäude, dass modernes Bauen und modernes Arbeiten im Einklang mit der Natur stehen können. Ausschliesslich Holz aus Schweizer Wäldern, davon hauptsächlich Fichtenholz, kam beim Bau zum Einsatz.
Das Energiekonzept beruht auf Solartechnologie und Grundwassernutzung und ermöglicht es, Gebäudefunktionen wie Lüftung, Kühlung, Heizung und Grundbeleuchtung sowohl für den Swatch Hauptsitz als auch für die Cité du Temps autonom zu betreiben. Dabei sichert das Grundwassernutzungskonzept die Beheizung und Kühlung des neuen Swatch Gebäudes. Swatch teilt sich die Ressourcen gemeinsam mit der benachbarten Cité du Temps und der neuen Omega Manufaktur, die 2017 in Betrieb genommen wurde. Neun unterirdische Brunnen sowie zwei ehemalige Öltanks, die zu Wasserspeichern umfunktioniert wurden, sind auf dem gesamten Areal verteilt. In die Wabenstruktur der Fassade wurden 442 individuell gefertigte, gebogene Solarelemente eingesetzt. Mit 1’770 m2 installierter Fotovoltaik werden pro Jahr rund 212,3 MWh Strom gewonnen, was dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 61 Haushalten entspricht.
Der Swatch Hauptsitz
Architekt:
Shigeru Ban (*1957 in Tokyo/Japan)Fassade:
– 11’000 m2 Fassadenfläche
– 4’600 Balken aus 100% Schweizer Holz
– 2’800 Wabenelemente mit bis zu 50 Einzelteilen
– 9 Balkone zwischen 10 m2 und 20 m2Lobby:
– 22 Meter Höhe
– Zickzackverglasung ab 5,5 Meter Höhe, Höhe 22 Meter
– 1 t Gewicht eines Glastores am EingangGebäude:
– 240 Meter lang, 35 Meter breit, 27 Meter hoch
– 25’000 m2 Fläche auf 5 Stockwerken
– Tiefgarage mit 170 Autostellplätzen und 182 VelostellplätzenNachhaltigkeit:
– 100% Schweizer Holz, hauptsächlich Fichtenholz
– 1’997 m3 verbautes Holz
– Beheizung und Kühlung des Gebäudes durch Grundwasserpumpsystem mithilfe von 9 unterirdischen Brunnen und 2 ehemaligen Öltanks, die zu Wasserspeichern umfunktioniert wurden
– 442 gebogene Solarelemente, 1’770 m2 installierte Fotovoltaik