Mit einer 90-Grad-Drehung macht The Twist im norwegischen Jevnaker bei Oslo von sich reden. Entworfen wurde der Hybrid aus Galerie, Brücke und Kunstobjekt von BIG – Bjarke Ingels Group. In Berlin erhielt der Neubau Anfang März 2020 den «Oscar für Museen», der vom Netzwerk der «Leading Culture Destinations» LCD vergeben wird. Ausgezeichnet wurde The Twist in der Kategorie ‹Beste Architektur›.
Im September 2019 eröffnet, überbrückt The Twist den Randselva-Fluss bei Jevnaker und schliesst damit einen Rundweg, der für den Skulpturenpark des dortigen Kistefos Museums angelegt ist. Das Bauwerk stellt sich als weisser Quader dar, der sich 90 Grad um die eigene Achse dreht und so einen Brückenschlag der spektakulären Art vollzieht: Der Körper, der eben noch flach war und «liegt», wird auf der anderen Seite des Flusses hoch und «steht».
Durch die Verdrehung nimmt das 60 Meter lange, in Aluminium und Glas gehüllte Volumen den Höhenunterschied der beiden Uferzonen auf. Im Inneren des Bauwerks lässt die Windung drei Bereiche unterschiedlicher Ausprägung entstehen: Nach Norden ist dies der Brückenabschnitt mit Panoramablick zum Fluss und zum Museumsbau, einer ehemaligen Zellstofffabrik. Den Galerieraum im Süden prägen hohe Decken und das aus der gläsernen Fassade resultierende, sich verjüngende Oberlicht. Im Zwischenbereich, dem eigentlichen Twist, lösen sich Vertikale und Horizontale auf. In fliessender Bewegung wird die Wand zum Boden, fliessend ist auch die Transformation der Decke zur Wand.
Die Konstruktion der Brücke basiert auf einem stählernen Fachwerk, das hinter der Metallfassade jedoch weitestgehend verborgen liegt. Im Inneren sind Decke und Wände bzw. Schrägen mit Streifen aus acht Zentimeter breiten, weissen Holzstäben beplankt. Die Aussenhaut setzt sich aus 40 Zentimeter breiten Aluminiumpaneelen zusammen. Diese schmalen Bleche fächern sich im Bereich der Spirale durch phasenweise Verschiebung auf. Die Verkleidungen aus Holz und Metall nehmen mit gerade geformten Elementen die Bauwerkskrümmung auf, während die in die Metallhaut integrierte Glashülle der Spiralbewegung mittels dreidimensional geformter Scheiben folgt.
Deren Entwicklung und Fertigung übernahm das Saint-Gobain Glassolutions Objekt-Center Döring aus Berlin. Projektleiter Michael Hering berichtet: «In seiner Art und Ausführung ist das Projekt Kistefos einzigartig und von der Komplexität der Geometrie extrem anspruchsvoll. Gebogen haben wir zehn Elemente von insgesamt 98 m2 in Climaplus Contour. Die grösste Scheibe misst 5,2 auf 2,5 Meter bei einem Gewicht von 1,2 Tonnen, die kleinste 2,4 auf 1,1 Meter. Diese wiegt 255 Kilogramm. Für jede Scheibe wurde eine 3D-Freiform kreiert, deren Biegeform wiederum auf dem 3D-BIM-Modell des Architekten basiert.»
Gebogen wurden die Scheiben auf einer eigens entwickelten, stählernen Unterkonstruktion bei rund 600 Grad Celsius mittels Schwerkraftbiegung. Dieses Biegeverfahren ermöglicht die Realisierung verschiedenster komplexer Formen und anspruchsvoller Geometrien. Das Glas legt sich durch das Eigengewicht in die gewünschte Form. Der Gesamtelementaufbau der bei The Twist realisierten vierlagigen Scheibenpakete beträgt 55,04 Millimeter, der erreichte Schallschutz entspricht Rw = 42 dB. Die PVB Folie im Scheibenpaket sorgt für einen verminderten UV-Eintrag, der die ausgestellten Kunstwerke vor schädlicher Sonneneinstrahlung schützt. An den Höhenkanten kommen spezielle U-Profile mit SG Verklebung zum Einsatz, die Glasfassade wurde als «Structural Glazing» Fassade realisiert.