Vertrauen schaffen mit Zertifizierung

Lüftungsanlagen haben heute noch vielerorts einen schlechten Ruf. Der Schweizerische Verein für Luft- und Wasserhygiene (SVLW) will mit weiteren Firmen und Verbänden diesem Zustand wirksam begegnen. Text: Oskar E. Aeberli

Sauberes Wasser und frische Milch sind hierzulande wichtige Lebensmittel und werden von den Menschen deshalb auch sehr geschätzt. Lebensnotwendig für die Gesundheit ist allerdings vor allem eine gesunde Atemluft. Und diesbezüglich besteht leider heute in vielen Arbeits- und Wohnräumen in der Schweiz noch ein Defizit. Dies, weil vorhandene Lüftungsanlagen entweder schlecht installiert sind oder aber grobe Mängel aufweisen. Der Schweizerische Verein für Luft- und Wasserhygiene (SVLW) engagiert sich nun, um diesen Zustand mit einer Zertifizierung von Fachfirmen über die gesamte Wertschöpfungskette zu verbessern.

Gesunde Luft als Grundrecht
Wir Menschen können maximal drei Wochen ohne Essen und Wasser überleben. Ohne Luft bzw. Sauerstoff jedoch ist ein Überleben nur während drei Minuten gewährleistet. «Gesunde Luft ist daher ein Grundrecht der Menschen, und dieses sollte deshalb auch in Arbeits- und Wohnräumen gewährleistet sein», betont Alfred Freitag, Präsident SVLW, mit Nachdruck. Gesundheit bedingt jedoch, dass die Lüftungsanlagen in Gebäuden gut geplant und richtig installiert sind, andernfalls klagen Betroffene über Unwohlsein, Zugluft oder Lärm. Leider sieht die Praxis aber gemäss einer Studie der Hochschule Luzern anders aus. Bei Neubauten wurden grobe Fehler bei der Planung (20,6%), der Bauleitung (25.2%) und der Ausführung (45.1%) von Lüftungsanlagen ermittelt. Wobei die festgestellten Mängel bei der Ausführung vor allem dem enormen Zeitdruck in der Branche zugeschrieben werden.

Nur mit gesunder Atemluft ist konzentriertes Arbeiten möglich. Foto: Pixabay

Studie belegt schwere Mängel
Auf Seiten der Bewohner wurden dabei die Zugluft (14,4%), ein zu hoher Lärmpegel (12,2%) der Lüftung und übelriechende Zugluft als wesentliche Mängel festgestellt. Im Rahmen der Studie sind aber auch die Schimmelbildung in den Wohnungen und in Kellern (5,7%) genannt worden. Schwerer zu gewichten sind indessen für die SVLW die festgestellten Mängel bei der Planung und Ausführung von Lüftungsanlagen. Dabei wurden die Strömungsgeräusche (22,0%), nicht korrekt gebaute Lüftungskanäle (18,0 %) und eine unregelmässig funktionierende Lüftung (14%) beanstandet. Bei der Kontrolle der Mehrzahl von Lüftungsanlagen wurde zudem eine schlechte Installation und in den ersten Jahren ungenügende Wartung ermittelt. Als Hauptproblem wiesen die Lüftungskanäle zu viele Schlaufen und Kreuzungen auf; die Ursache für erhöhten Energieverbrauch und massive Strömungsgeräusche.

Vorteile einer guten Lüftung
Der SVLW weisst bei seiner Kampagne für eine gesunde Raumluft auch auf die wesentlichen Vorteile einer guten und richtig funktionierenden Lüftung hin. Diese bedeuten für den Besitzer einen erhöhten Gebäudewert (7–35%) und einen höheren Mietertrag (6–17%), je nach Grösse des Objektes. Eine optimal funktionierende Gebäudetechnik hilft zudem über ein Jahr betrachtet die Energiekosten bis 40% zu senken und in Betrieben die Abwesenheit der Arbeitnehmer bis 70% zu reduzieren. Dabei führt eine ideale Temperatur (20–25°C), die richtige Luftfeuchtigkeit (30–50%) und eine minimale CO2-Konzentation (500–100 ppm) zu einer erhöhten Leistung und Zufriedenheit der Arbeitnehmer. «Leider gibt es im Gegensatz zu den Autos für die Installation und Instandhaltung von Lüftungsanlagen aber keine gesetzlichen Vorschriften. Deshalb müssen wir als Branche dafür sorgen, dass diese Anlagen den Nutzern Freude bereiten», so Martin Bänninger, Geschäftsführer SVLW.

 Zertifizierung von Fachfirmen
«Leider sind viele planende und ausführende Unternehmen heute nicht in der Lage, trotzt Normen von SIA und SWKI, eine einwandfreie Lüftungsanlage zu realisieren. Damit die Bauherren jedoch künftig wissen, welche Unternehmen dazu effektiv qualifiziert sind, ist eine Zertifizierung von Lüftungsanlagen von der Planung bis hin zur Instandhaltung dringend erforderlich», so Freitag. Und diese anspruchsvolle Aufgabe will der SVLW nun in Kooperation mit der Société Générale de Surveillance SA (SGS) übernehmen und als unabhängiges Gremium eine Liste der zertifizierten Unternehmen auf der Website auflisten. Die Vorteile einer künftigen Zertifizierung von qualifizierten Fachfirmen sieht der Präsident u.a. in der Verbesserung der bestehenden Prozesse, der Innovation und im Wohlbefinden der Menschen bei der Arbeit und beim Wohnen.

Kriterien für die Firmenprüfung
«Die Firmenprüfung erfolgt über ein spezielles Audit, das alle fünf Jahre vor Ort stattfindet. Die Überwachungsaudits finden dabei im jährlichen Zyklus in Form einer Dokumentenprüfung statt», erläutert Elvira Bieri, Geschäftsführerin von SGS Schweiz. Diese wird auf der Basis der folgenden vier Dokumente durchgeführt: Aktuelle Personalliste mit Eintrittsdatum, Qualifikationsnachweis neuer Mitarbeitender, Schulungsplan und -nachweis sowie Änderung von Verfahren und Arbeitsanweisungen. Ausserordentliche Audits vor Ort während des Zyklus sind insbesondere im Falle signifikanter Veränderungen der Organisation und von Beschwerden erforderlich. Auch Elvira Bieri betont die Notwendigkeit einer Zertifizierung, weil 30% der THG-Emissionen durch Gebäude verursacht werden. «Ohne richtig funktionierende Lüftungsanlagen wird das Klimaziel von Paris nicht zu erreichen sein.»

Die Rolle der SGS
«Viele Bewohner und auch die Investoren von Gebäuden sind unzufrieden mit der Funktion von Lüftungsanlagen in Gebäuden. Deshalb muss deren Qualität unbedingt verbessert werden. Im Fokus muss dabei die ganze Wertschöpfungskette der Zertifizierung von Fachfirmen sein», fordert Elvira Bieri. Hier kann nach ihrer Meinung das SVLW-Label künftig die erforderliche Abhilfe schaffen. Dabei sind die Anforderungen für Fachfirmen recht hoch gesetzt. Denn diese müssen über genügende Fachkompetenz in der Planung, bei der Installation und im Betrieb verfügen, zudem die Prozesse im Griff haben, sowie über eine gute Infrastruktur verfügen und die ausgeführten Arbeiten müssen mittels nachweisbaren Kontrollen abgeschlossen sein. Als Partnerin der SVLW wird die SGS die notwendigen Audits jeweils in einem Fünf-Jahres-Zyklus vor Ort durchführen. Die Gesamtkosten dafür betragen pro Unternehmen je nach Anzahl beschäftigter Mitarbeiter zwischen CHF 2500 (1–10 MA) und CHF 8000 (über 100 MA).

Weitere Informationen:
www.svlw.ch
www.sgs.ch