
Ingenieure der EPFL haben den Einsatz von Erdwärme in zwei sehr unterschiedlichen Anwendungen untersucht: einer U-Bahn-Station und einem unterirdischen Rechenzentrum. Die Arbeiten konzentrierten sich auf die internen Luftströmungsbedingungen dieser Strukturen und die mögliche Optimierung der mechanischen Belüftung. Jeder Fall bringt seine eigenen Herausforderungen mit sich.
Ingenieure des Labors für Bodenmechanik (LMS) der EPFL veröffentlichten zwei Fachartikel, die neue Perspektiven für die Nutzung von Geothermie aufzeigen. Der Fokus lag auf der Optimierung der Nutzung von Energiegeostrukturen über konventionelle Überlegungen hinaus. Im Rahmen eines Innosuisse-Innovationsprojekts arbeiteten die Forscher mit der Amberg Engineering AG zusammen, um zwei Systeme zu bewerten: eine U-Bahn-Station in Bukarest und ein Rechenzentrum, das unterirdisch eingerichtet werden soll, um die Abhängigkeit von mechanischer Belüftung zur Klimatisierung zu reduzieren. Beide Studien wurden in der Zeitschrift «Tunnelling and Underground Space Technology incorporating Trenchless Technology Research» veröffentlicht.
U-Bahn-Station
In der kürzlich durchgeführten Studie über die U-Bahn-Station berücksichtigten die Ingenieure eine Reihe von Faktoren, wie die Auswirkungen der Zugbewegungen (einschliesslich Bremsen und Beschleunigen) auf die Luftzirkulation und die durch den Passagierverkehr erzeugte Wärme. So erhielten sie detaillierte Erkenntnisse über die Luftverhältnisse in den Stationen. Das untersuchte System umfasst Wärmerückgewinnung durch wassergefüllte Rohre, die in die Stahlbetonwände der Station eingebaut sind. Die Wärme wird dann an die Oberfläche transportiert, um genutzt zu werden. Diese Art von Mechanismus ist im Bereich der Energiegeostrukturen üblich.
«Wir haben zwei parallele Simulationen durchgeführt, die den Wärmetransfer von der Luft zum Boden berücksichtigen», sagt Sofie ten Bosch, Bauingenieurin am LMS und leitende Autorin der Studie. «Da unsere Modelle die meisten physikalischen Faktoren darstellen, die in unterirdischen Bahninfrastrukturen auftreten, können sie verwendet werden, um das geothermische Potenzial eines neuen Projekts dieses Typs zu bewerten. Die von uns untersuchte U-Bahn-Station hat ein übliches Design, das in vielen unterirdischen Stationen weltweit verwendet wird.»
Unterirdisches Rechenzentrum
In der bereits zuvor veröffentlichten Studie über das Rechenzentrum untersuchten die Ingenieure die Rolle der geothermischen Energiegewinnung in einer unterirdischen Kaverne, die 300 Meter lang und 24 Meter hoch sein wird. Die Herausforderung hier besteht nicht in den Luftströmungsdynamiken eines vorbeifahrenden U-Bahn-Zuges, sondern vielmehr in der Wärme, die von den zahlreichen Datenservern erzeugt wird, was möglicherweise zu unterirdischen Klimaveränderungen führt. Die Innentemperatur des Zentrums muss in einem angenehmen Bereich gehalten werden – was einen beträchtlichen Kühlaufwand erfordert.
Auch hier entwickelte das LMS-Team ein numerisches Modell, das Faktoren wie die Geometrie des Gebäudes, die mechanische Belüftung und die Kapazität zur Abführung überschüssiger Wärme durch geothermische Aktivierung berücksichtigt. Dies ermöglicht eine Optimierung durch das Management von thermischen Energieströmen innerhalb des Rechenzentrums. Die Studie ergab, dass das System zur Kühlung des internen Luftbereichs des Zentrums beiträgt, wodurch der Belüftungsbedarf reduziert wird. Zudem stellten sie fest, dass ein geothermisches System im Rechenzentrum, das die Wärme zurückgewinnt und dann zu Marktpreisen verkauft, sich in drei bis sieben Jahren amortisieren würde. Wenn die geothermische Energie die aus gasbetriebenen Heizkesseln erzeugte Wärme ersetzt, könnten die jährlichen Kohlenstoffemissionen für diesen Fall um 45 Prozent reduziert werden.
«Weltweit werden immer mehr Rechenzentren gebaut, da sich die digitale Technologie rasant ausbreitet, doch es wurden bisher nur sehr wenige Studien zur Nutzung geothermischer Systeme zur Kühlung der Innenluft durchgeführt», sagt Ten Bosch, die ebenfalls die Hauptautorin dieser Studie ist. Forschungen zeigen, dass das Kühlsystem eines Rechenzentrums 30 bis 50 Prozent des gesamten Energieverbrauchs seiner Betriebsabläufe ausmacht.
Angesichts der zentralen Rolle des Energiewandels freut sich Ten Bosch, ihre Doktorarbeit auf zwei konkrete Anwendungen abstützen zu können. «Die Technologie zur Bewertung des Potenzials von Geothermie in einem bestimmten Gebiet ist mittlerweile ausgereift, und wir sehen hier, dass die Industrie bereit ist, neue Optionen für die optimale Nutzung dieser nachhaltigen Wärmequelle zu erkunden», sagt sie.
Ausgereifte Technologie
Experten des LMS erforschen seit Jahren das Potenzial von geothermischer Energie aus dem Untergrund. Ihre Arbeit hat nicht nur untersucht, wie viel Energie gewonnen werden könnte, sondern auch, wie diese am besten mit anderen Technologien wie der mechanischen Belüftung kombiniert werden kann. Bislang hat die Forschung der Ingenieure zur Nutzung von Geothermie für Heiz- und Kühlsysteme zur Gründung von zwei EPFL-Spinoffs geführt: GEOEG, das innovative Energiesysteme für jede Art von unterirdischer Infrastruktur entwickelt, und Enerdrape, das geothermische Paneele erfunden hat, um diese erneuerbare Energie aus bestehenden Infrastrukturen wie Tiefgaragen zu gewinnen. «Wir treiben unermüdlich die Grenzen der Nutzung unterirdischer Ressourcen voran», sagt Lyesse Laloui, Leiter des LMS, ordentlicher Professor und Hauptforscher beider Studien. «Nachdem wir diese Ressourcen für die Gewinnung und Speicherung von thermischer Energie genutzt haben, integrieren wir sie jetzt für zusätzliche Anwendungen wie die Belüftung von Infrastrukturen und die Bekämpfung von Wärmeinseln im Untergrund.» www.epfl.ch/labs/lms/
Förderung
Diese Forschung wurde von Innosuisse als Innovationsprojekt 58341.1 IP-EE mitfinanziert.
Referenzen
Sofie ten Bosch, Elena Ravera, Marco Tobler, Marco Bettelini und Lyesse Laloui, „Assessing and exploiting the interaction between ventilation and geothermal systems in an underground data centre,“ Tunnelling and Underground Space Technology incorporating Trenchless Technology Research, Februar 2024. www.doi.org/10.1016/j.tust.2023.105563