
Mit der von der Hochschule Luzern entwickelten Software PinCH können industrielle Prozesse energieeffizienter und wirtschaftlicher gestaltet werden. Die neuste Weiterentwicklung ermöglicht nun auch die Integration von Wärmespeichern mit offenem Kreislauf.
In industriellen Prozessen verursachen das Aufheizen und Abkühlen von Stoffen einen Grossteil des Energieverbrauchs und damit auch hohe Betriebskosten. Energieeffizienz und eine sichere, nachhaltige Energieversorgung sind zunehmend eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit. In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Energie BFE hatte die Hochschule Luzern (HSLU) bereits 2010 die Software PinCH zur Durchführung von Pinch-Analysen in der Industrie lanciert und diese seither kontinuierlich weiterentwickelt. Mit dem Upgrade PinCH 4.0 stehen neue Möglichkeiten zur Integration von Wärmespeichern mit offenem Kreislauf zur Verfügung.
Optimierungsstrategie für diskontinuierliche Produktionsverfahren
Die HACO AG in Gümligen produziert Lebensmittel wie Kaffeepulver, Bouillon und Tafelwürze. Über die Jahre hat ihr Bedarf an heissem Prozesswasser stetig zugenommen und variiert aufgrund der diskontinuierlichen Produktion im Verlauf eines Produktionstags. Mit Hilfe der Pinch-Analyse wurde ermittelt, dass der Einsatz von Heizdampf zur Prozesswasseraufbereitung mit einem offenen Speichersystem um über die Hälfte reduziert werden kann. Mit vergleichsweise geringem Aufwand wurden unterschiedliche Varianten und Szenarien berechnet und technisch-wirtschaftlich bewertet. «Damit haben wir die Gewissheit, die für unsere Bedürfnisse bestmögliche Lösung gefunden zu haben», bestätigt Stefan Gertsch, Projektleiter Technik bei der HACO AG, den Nutzen der Pinch-Analyse.
«Für diskontinuierliche Verfahren (Batch-Verfahren) ist die Wärmerückgewinnung mit Speicherung die einzige Optimierungsstrategie», sagt Projektleiter Donald Olsen. Die Produktionszeitpläne seien oft unregelmässig oder der Anspruch an zeitliche Flexibilität so hoch, dass keine andere Methode infrage komme. «Wenn Prozessströme, wie zum Beispiel das Brauwasser in einer Brauerei oder das Prozesswasser bei der HACO AG, unmittelbar als Speichermedium genutzt werden, lassen sich Wärmeübertrager und Zwischenkreisläufe einsparen», erklärt Donald Olsen. «Ein solches Speichersystem mit offenem Kreislauf erhöht das Energiesparpotenzial, vereinfacht das System und senkt somit Energie- und Investitionskosten», so der Projektleiter.
PinCH 4.0 ermöglicht Integration von Wärmespeichern mit offenem Kreislauf
Die neueste Weiterentwicklung von PinCH ermöglicht die systematische Integration solcher Wärmespeicher mit offenem Kreislauf. Mit der Software lässt sich systematisch und eindeutig bestimmen, welche Wärmequellen und Wärmesenken zu berücksichtigen sind, welche Speicherkapazitäten und Speichertemperaturen gewählt werden sollten und ob das Speichersystem wirtschaftlich umsetzbar ist.
Die Software, die jetzt mit neuen Features in der Version 4.0 vorliegt, erlaubt eine rasche Einarbeitung in die Pinch-Methode und ist kostengünstig in der Anwendung. Das Programm unterstützt die Optimierung von kontinuierlichen und diskontinuierlichen Prozessen unter Berücksichtigung aller relevanten Randbedingungen. Die einfache Änderung von Prozessdaten, die Kopplung mehrerer Prozesse und die Untersuchung verschiedener Szenarien ermöglichen umfassende Variantenstudien und Sensitivitätsanalysen. PinCH 4.0 begleitet die Energieoptimierung Schritt für Schritt, veranschaulicht den Ist-Zustand der Anlagen, zeigt die vorhandenen Einsparpotenziale und unterstützt die Erarbeitung von Massnahmen zur Effizienzsteigerung und Dekarbonisierung der Energieversorgung.
Was ist die Pinch-Analyse?
Mit der Pinch-Analyse lässt sich systematisch aufzeigen, wie thermische Energieströme gekoppelt werden müssen, um eine hohe Energieeffizienz bei minimalen Gesamtkosten (bestehend aus Investitions- und Betriebskosten) zu erreichen. Mit den entsprechenden Massnahmen sind in der Praxis Energieeinsparungen von bis zu 40 Prozent möglich. Die Pinch-Analyse dient aber nicht nur der Optimierung bestehender Anlagen, sie ist auch ein wertvolles Instrument bei der Planung neuer Produktions-, Energieversorgungs- und Infrastrukturanlagen.
Das Bundesamt für Energie BFE unterstützt Pinch-Analysen in Unternehmen
Die Förderung von Pinch-Analysen ist eine flankierende Massnahme zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Senkung der CO2-Emissionen in der Schweizer Industrie. Ziel ist es, bisher unentdecktes Energiesparpotenzial in Produktionsbetrieben zu identifizieren und die Erarbeitung konkreter Massnahmen zu ermöglichen. Als wichtiges Element der Pinch-Förderung durch das BFE wird die Software PinCH mit öffentlichen Geldern unterstützt.
Im Rahmen des Programms «EnergieSchweiz» fördert das BFE gezielt verschiedene Aktivitäten im Bereich Pinch-Analysen. Dazu gehört eine Beteiligung an den Kosten, die für die Durchführung einer Grob- oder detaillierten Pinch-Analyse in Schweizer Unternehmen anfallen.
Ausserdem betreiben das BFE und die HSLU gemeinsam den nationalen PinCH-Stützpunkt. Er bietet umfassende Unterstützung rund um Pinch-Analysen für Industrieunternehmen und Ingenieurbüros an. Zum Angebot gehören Beratungen zur Pinch-Analyse, praxisorientierte Schulungen, massgeschneiderte Firmenkurse, individuelle Coachings, der Vertrieb der Software PinCH sowie die Durchführung von Pinch-Analysen in der Industrie.