Wissenschaftler der University of Waterloo folgten ihrer Neugier und liessen sich von der Natur zu einem neuen Urinal-Design inspirieren, und so das unangenehme Problem des Rückspritzens lösen.
Im Rahmen des Projekts wurden fünf Urinale, darunter ein in Nordamerika weit verbreitetes Urinal, eine Nachbildung einer berühmten Skulptur des modernen Künstlers Marcel Duchamp und drei Originalentwürfe, mit farbigen Flüssigkeitsstrahlen in verschiedenen Geschwindigkeiten und Höhen getestet. Ihre Wirksamkeit wurde gemessen, indem die Spritzer nach jedem Experiment mit einem Papiertuch abgewischt und gewogen wurden. Damit konnte die Masse der aufgenommenen Flüssigkeit bestimmt werden.
Das lange, schlanke Design verhindert Spritzer auf Böden und Schuhe, indem es dafür sorgt, dass der Winkel, in dem der Urinstrahl auf die Wand des Urinals trifft, 30 Grad nicht überschreitet. «Wir haben festgestellt, dass beim Auftreffen eines Flüssigkeitsstrahls oder einer Tröpfchenfolge auf eine starre Oberfläche unterhalb eines bestimmten kritischen Auftreffwinkels fast keine Spritzer entstehen», schreiben die Forscher. «Eine Oberfläche, die so konstruiert ist, dass sie den Urinstrahl immer in einem Winkel schneidet, der gleich oder kleiner als der kritische Winkel ist, verhindert also das Zurückspritzen.»
Die Forscher haben dieses Urinal so konstruiert, dass unschöne Rückspritzer nahezu ausgeschlossen sind. Die Studie, die von einem Team aus Professoren und Studenten der Waterloo und der Weber State University im amerikanischen Bundesstaat Utah durchgeführt wurde, hat für Schlagzeilen gesorgt, nachdem die Ergebnisse auf einer Konferenz der American Physical Society in Indianapolis vorgestellt wurden. Dr. Zhao Pan, Professor für Maschinenbau und Mechatronik in Waterloo, der das Projekt über mehrere Jahre hinweg leitete, sagte, die Resonanz sei deshalb besonders erfreulich gewesen, weil ein Grossteil der Arbeit von Studenten in seinem Labor geleistet wurde.
Interdisziplinäres Lehrmittel
«Dieses Urinal-Designprojekt ist das beste Lehrmittel, das ich mir vorstellen kann, da es sich um ein Alltagsproblem handelt, das zahlreiche Themen abdeckt – einschliesslich Strömungsmechanik, Nachhaltigkeit, Differenzialgleichungen, Herstellung und Prototypenbau, Kunst, Industriedesign, menschliche Faktoren, Biomechanik und Tests», sagte er.
Die Präsentation an der Konferenz wurde von dem Studenten Kaveeshan Thurairajah durchgeführt, der fast zwei Jahre lang an der Studie gearbeitet hat und sich jetzt in seinem letzten Studienjahr im Fach Maschinenbau befindet. Obwohl die Herangehensweise an das Thema unbeschwert war und sein Vortrag für viele Lacher sorgte, sagte er, dass das Projekt viel ernsthafte Arbeit erforderte und ihn Lektionen lehrte, die ein Unterricht im Klassenzimmer niemals hätte vermitteln können. «Was Forschung lohnend macht und zu Entdeckungen anregt, ist die Suche nach einer Nuss, die es zu knacken gilt und die den anderen vor uns entgangen ist», ist Thurairajah überzeugt.
Die Inspiration für das neue Urinal-Design kam von der Art und Weise, wie Hunde ihr Hinterbein anheben, um gegen Bäume zu urinieren – ein Verhalten, das so instinktiv den Aufprallwinkel minimiert. Das Ergebnis ist ein «spritzfreies Urinal» mit einer besonders schmalen Öffnung und einer gewölbten Innenfläche, die verhindern soll, dass Tropfen herausfliegen. Und zwar unabhängig davon, wie gross der Benutzer ist oder wohin er zielt.
«Unsere neuen Urinale halten die Badezimmer sauberer und reduzieren den Arbeitsaufwand, das Wasser und die Chemikalien, die für die regelmässige Reinigung erforderlich sind, um eine nachhaltigere Pflege der Badezimmer zu fördern», sind die Forscher der Meinung.
«Die Idee für dieses Projekt entstand wirklich dort, wo man sie vermutet», sagt Pan, Leiter des Pan-Labors für Flüssigkeitsphysik. «Wenn man sich den ganzen Tag mit dem Verhalten von Flüssigkeiten beschäftigt, kommt man nicht umhin, sich über diese alltäglichen Szenarien Gedanken zu machen. Das Lustige daran ist, dass wir ein reales Problem lösen konnten, welches 50 Prozent der Menschen betrifft.»