Energiekonzepte für die Zukunft

Das empfohlene Energiekonzept für das Dorf Uettligen in Wohlen bei Bern im Überblick. Rot: Wärmeverbund für Warmwasser und Raumwärme. Blau: Energetische Sanierung und ein Ersatz der Wärmeerzeuger mit vornehmlich Wärmepumpensystemen. Orange: Kombination von energetischer Sanierung und dem Einsatz von Holzheizungen für die verstreuten Gebäude. Weiterer Bestandteil in allen Gebieten ist der umfangreiche Zubau von Photovoltaikanlagen. Visualisierung: HSLU

Das Departement Technik & Architektur der Hochschule Luzern hat eine Methode zur Erarbeitung von Energiekonzepten für Gemeinden entwickelt. Bei einer konsequenten Anwendung liessen sich damit rund zehn Prozent des Schweizer Kohlendioxid-Ausstosses einsparen. Erprobt wurde die Methode in Wohlen bei Bern, im Auftrag der Gemeinde und der BKW Energie AG.

Grossstädte verfügen über spezialisierte Teams, die sich mit der Entwicklung ihrer Energiekonzepte beschäftigen. Kleinere Gemeinden hingegen sind dabei auf sich selbst gestellt. Meist fehlt ihnen sowohl das Fachwissen als auch die Erfahrung mit ganzheitlicher Konzeptentwicklung. Das Zentrum für Integrale Gebäudetechnik (ZIG) an der Hochschule Luzern hat nun eine Methode zur Entwicklung von Energiekonzepten erarbeitet, die jede Gemeinde anwenden kann – bei Bedarf mit Unterstützung von aussen. Zum ersten Mal getestet wurde die Methode im Gemeindeteil Uettligen in Wohlen bei Bern, einer Gemeinde, die eine Vorreiterrolle im Bereich der Nachhaltigkeit übernehmen will.

Rund zehn Prozent Einsparung
Wohlen bei Bern gehört zu den 389 peri-urbanen Gemeinden der Schweiz, die 17 Prozent der eidgenössischen Gemeinwesen ausmachen. «Gingen alle diese Gemeinden ihr Energiekonzept mit der von uns entwickelten Methode an, liesse sich der Schweizer Kohlendioxid-Ausstoss um bis zu zehn Prozent reduzieren. Das sind jährlich 2,5 Megatonnen», sagt Thomas Schluck, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Departements Technik & Architektur der Hochschule Luzern, der massgeblich an der Entwicklung der Methode beteiligt war. Bis ins Jahr 2050 muss die Wärmeaufbereitung aller Schweizer Heizungen erneuert werden. Diese langfristige Perspektive hat die Methode des ZIG im Blick. Mit welcher Lösung werden die individuellen Heizungen der öffentlichen und der privaten Gebäude am besten ersetzt? Was überzeugt die Hauseigentümer, sich tatsächlich für den Vorschlag zu entscheiden?

Die naheliegendste Lösung ist nicht immer die beste
Oftmals gehen Gemeinden bei der Entwicklung ihres Konzepts nicht von der Problemstellung aus, sondern von dem, was sich als Lösung scheinbar anbietet. Ein Wald auf dem Gemeindegebiet bedeutet jedoch nicht, dass Holzschnitzel-Heizungen die effizienteste Antwort auf den Energiebedarf des gesamten Ortes darstellen. Deshalb setzt die Methode der Hochschule Luzern nicht erst bei der Berechnung von möglichen Lösungen an. Es geht vielmehr darum, die Situation in ihrer ganzen Komplexität sichtbar zu machen. Im Gemeindeteil Uettligen entschied man sich aufgrund einer sorgfältigen Situationsanalyse für drei unterschiedliche Technologien: Der dicht bebaute Ortskern eignet sich besonders für einen Holzwärmeverbund. In den Wohngegenden am Dorfrand wird der Einsatz von Wärmepumpen in Kombination mit einer energetischen Sanierung der einzelnen Gebäude empfohlen, da sich ein Anschluss an den Wärmeverbund ökonomisch kaum lohnt. Für die alleinstehenden, abgelegenen Höfe schliesslich sieht das Konzept Holzheizungen vor. Solarenergie kann ergänzend in allen drei Gebieten eingesetzt werden.

Alle Ansprechgruppen einbeziehen
Damit ein Konzept bei allen politischen Akteuren sowie bei den privaten Hausbesitzer auf Akzeptanz stösst, ist eine vorgängige Klärung, wer von Anfang an durch wen einbezogen werden muss, wichtig – und zwar nicht erst bei der Entwicklung von Lösungen, sondern schon bei der Formulierung der Zielsetzung. Für eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung wird derzeit eine Gemeinde-Plattform erarbeitet.

Die wichtigste Grundlage für ein erfolgreiches Konzept ist eine sorgfältige Recherche zum
bestehenden und zukünftigen Energiebedarf. Thomas Schluck bietet deshalb ausführliche
Informationen dazu an, welche Dokumente dafür hilfreich sind und wo man am besten danach sucht. Erst auf dieser Grundlage wird das eigentliche Konzept entwickelt. Im Rückblick auf den Prozess in Wohlen stellt Schluck fest: «Erstellt man ein Energiekonzept ohne die Komplexität des Systems zu berücksichtigen, wird das Resultat negativ beeinflusst. Wenn man jedoch unsere Methode benutzt, fragt man sich: Was soll eigentlich an der Entwicklung eines Energiekonzepts kompliziert sein?»

Weitere Informationen:
www.hslu.ch
Repositorium der HSLU