Stromverbrauch von Rechenzentren steigt weiter an

Die Studienautoren rechnen für die nächsten Jahre mit einem weiteren Anstieg des Stromverbrauchs der Rechenzentren. Er könnte von derzeit 2,1 TWh auf 2,7 bis 3,5 TWh oder sogar bis auf 4 TWh ansteigen. Foto: Massimo Botturi/Unsplash
Die Studienautoren rechnen für die nächsten Jahre mit einem weiteren Anstieg des Stromverbrauchs der Rechenzentren. Er könnte von derzeit 2,1 TWh auf 2,7 bis 3,5 TWh oder sogar bis auf 4 TWh ansteigen. Foto: Massimo Botturi/Unsplash

Ob im Privatleben oder in der Wirtschaft: Digitale Anwendungen verbreiten sich immer mehr. Parallel zu den Datenmengen wächst auch der dafür nötige Strombedarf. So verbrauchten die Rechenzentren und Serverräume in der Schweiz im Jahr 2019 rund 2,1 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom. Durch Effizienzmassnahmen liessen sich davon fast eine Milliarde Kilowattstunden oder rund 46 Prozent einsparen. Das zeigt die neue Studie «Rechenzentren in der Schweiz – Stromverbrauch und Effizienzpotenzial». Sie wurde von der TEP Energy GmbH und der Hochschule Luzern im Auftrag des Bundesamts für Energie/EnergieSchweiz durchgeführt.

 

Letztmals wurde der Stromverbrauch der schweizerischen Rechenzentren für das Jahr 2013 erhoben. Damals lag er bei rund 1,7 Milliarden kWh. Das sind 1.7 Terawattstunden (TWh) oder 2,8 Prozent des Gesamtstromverbrauchs in der Schweiz. Die neue Studie weist nun für das Jahr 2019 einen Stromverbrauch der Rechenzentren und Serverräume von 2.1 TWh oder 3,6 Prozent des gesamten Schweizer Stromverbrauchs aus. Das ist etwa ein Viertel der Jahresproduktion des Kernkraftwerks Gösgen.

Moderates Wachstum dank Effizienzmassnahmen
Seit 2013 sind in der Schweiz einige neue Rechenzentren gebaut und in Betrieb genommen worden. Die neuen Zahlen zeigen, dass der Stromverbrauch dennoch nur relativ moderat zugenommen hat. Die Autoren der Studie begründen dies einerseits mit der neuen Erhebungsmethode (direkte Datenerhebung bei den Betreibern ergänzt mit statistischen Hochrechnungen). Die Daten von 2013 und 2019 sind demnach nicht eins zu eins vergleichbar. Andererseits orten die Autoren bei den Betreibern der Rechenzentren und Serverräume ein gestiegenes Bewusstsein für technische Energieeffizienzmassnahmen. Dazu hätten auch gezielte Förderprogramme beigetragen. Auch der Trend, dass immer mehr Unternehmen ihre Rechenleistung zu Rechenzentren-Dienstleistern auslagern, bringt Energieeffizienzgewinne. Und: Ein Teil des inländischen Datenzuwachses, vor allem private Cloud-Daten wie Fotos, Videos oder Social Media, wird in ausländische Rechenzentren «ausgelagert».

Effizienzpotenzial ist immer noch gross
Trotz der bereits erzielten Effizienzfortschritte verbleibt gemäss Studie ein substanzielles Energieeffizienzpotenzial. Es liegt bei 0,96 TWh und entspricht damit rund 46 Prozent des heutigen Stromverbrauchs der Rechenzentren.

Energie eingespart werden kann in Rechenzentren und Serverräumen einerseits auf der Infrastrukturseite. Die Studie schätzt hier das Einsparpotenzial auf 408 Gigawattstunden (GWh) oder rund 20 Prozent des gesamten Stromverbrauchs der Rechenzentren. Einsparungen können erzielt werden durch das Anheben der Systemraumtemperaturen, die Nutzung von Free-Cooling, die Trennung der Kalt- und Warmgänge oder die Einhausung der Serverracks. Die Studie hat festgestellt, dass solche Effizienzmassnahmen und der Wert PUE (Power usage effectiveness), der ein wichtiges Mass für die infrastrukturseitige Energieeffizienz ist, vor allem bei den Rechenzentren-Dienstleistern bekannt sind und umgesetzt werden. Bei den unternehmensinternen Rechenzentren und bei KMUs mit Serverräumen sind der PUE und entsprechende Effizienzmassnahmen weniger bekannt.

Auch auf der IT-Seite kann Strom eingespart werden. Das Einsparpotenzial liegt hier gemäss Studie bei 551 GWh oder rund 26 Prozent des Gesamtstromverbrauchs der Rechenzentren. Einsparungen können erzielt werden durch energieeffizientere Speicher, durch höhere Auslastungen, durch mehr Virtualisierung oder durch den Einsatz von effizienteren IT-Komponenten.

Stromverbrauch wird weiter ansteigen
Die Autoren rechnen für die nächsten Jahre mit einem weiteren Anstieg des Stromverbrauchs der Rechenzentren. Er könnte von derzeit 2,1 TWh auf 2,7 bis 3,5 TWh oder sogar bis auf 4 TWh ansteigen. Gründe dafür seien die weiter voranschreitende Digitalisierung durch Big Data, Internet der Dinge, Industrie 4.0 oder Cloud-Computing. Diese Anwendungen führen zu einem stark wachsenden Datenvolumen. Weiter sei damit zu rechnen, dass sich grosse Cloud-Anbieter in der Schweiz niederlassen, um so die steigenden Sicherheits- und Datenschutzanforderungen der Schweizer Unternehmen zu befriedigen.

Empfehlungen für das Energieeffizienzpotenzial
Wenn das in der Studie ausgewiesene Energieeffizienzpotenzial von insgesamt rund 46 Prozent des aktuellen Stromverbrauchs ausgeschöpft wird, könnte der Anstieg des Stromverbrauchs zumindest gedämpft werden. Die Studie listet dazu einige Empfehlungen auf, mit denen der Bund in Zusammenarbeit mit Kantonen, Gemeinden und der Branche die Entwicklung positiv beeinflussen kann. Dazu gehören:

– Bereitstellung von Information und Beratung für Unternehmen mit internen Rechenzentren.
– Unterstützung der Kantone und Gemeinden durch den Bund, beispielweise bei der Erteilung von Baubewilligungen oder bei der Umsetzung des Grossverbraucherartikels.
– Bereitstellung von Informationen sowie Aus- und Weiterbildungsangebote für Planer, Investoren und Betreiber von neuen und bestehenden Rechenzentren.
– Unterstützung von freiwilligen Ansätzen wie beispielsweise das Effizienzlabel der Swiss Datacenter Efficiency Association SDEA oder durch das Förderprogramm für Energieeffizienz in Rechenzentren und Serverräumen PUEDA+ von ProKilowatt.
– Für die Dekarbonisierung des Gebäudebereichs sollte bei der Planung von thermischen Netzen die Abwärme von Rechenzentren berücksichtigt werden.
– Weitere freiwillige Massnahmen und auch normative Grundlagen sollten in Zusammenarbeit mit der Branche erarbeitet und umgesetzt werden, beispielsweise mit dem Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein SIA und der SDEA. Mittelfristig könnten solche Grundlagen auch in Neubauvorschriften einfliessen.

Neue Rechenzentren in der Schweiz
Mögliche neue Rechenzentren in der Schweiz und der erwartete Zuwachs an Nutzfläche und IT-Leistung wurde im Rahmen einer von der 7pro solution AG durchgeführten Studie im Auftrag des Bundesamts für Energie/EnergieSchweiz untersucht. Die Studie «Rechenzentren in der Schweiz – Bau- und Ausbaupläne» zeigt, dass in den nächsten Jahren mit einem deutlichen Zuwachs an IT-Leistung aus Rechenzentren gerechnet werden muss. Insbesondere im Grossraum Zürich und in der Genferseeregion.

Die Verbrauchs- und Effizienzkennzahlen der Studie «Rechenzentren in der Schweiz – Stromverbrauch und Effizienzpotenzial» wurden durch eine Umfrage bei Betreibern in drei verschiedenen Segmenten erhoben: Rechenzentren-Dienstleister (Segment A), Betreiber von unternehmensinternen Rechenzentren und Serverräumen in grossen Unternehmen (Segment B) sowie in KMUs (Segment C). Die Werte der Umfrage wurden mit statistischen Methoden und verschiedenen Szenarien hochgerechnet.

Segment A verbraucht zwischen 700 GWh und 900 GWh, Segment B zwischen 960 GWh und 1’220 GWh, und Segment C zwischen 200 und 250 GWh. Insgesamt ergibt das einen Stromverbrauch zwischen 1,85 TWh und 2,37 TWh. Das mittlere Szenario ergibt einen Stromverbrauch von 2,1 TWh oder rund 3,6 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs im Jahr 2019 (57,2 TWh).

Das Gesamtenergieeffizienzpotenzial liegt zwischen 481 GWh und 1099 GWh. Der «Best guess»-Wert beträgt 959 GWh oder rund 46 Prozent des Gesamtstromverbrauchs der Rechenzentren und Serverräume.