Autobatterie als Powerbank

Das GEE Live Forschungslabor der HSLU dient der Forschung für das Gebäude-Elektro-Engineering. Foto: HSLU
Das GEE Live Forschungslabor der HSLU dient der Forschung für das Gebäude-Elektro-Engineering. Foto: HSLU

Solarstrom ist eine wichtige Säule einer klimaneutralen Energiezukunft. Und E-Mobilität ist auf dem Vormarsch. Zwei Projekte der Hochschule Luzern zeigen: In Kombination sind Solarstrom und E-Mobilität ein Dreamteam – für die einzelnen Nutzenden und für das gesamte Elektrizitätsnetz.

 

 

Die Batterie eines Elektroautos reicht für eine Distanz von teils weit über 200 Kilometern. So weit fahren jedoch nur wenige Menschen jeden Tag; im Durchschnitt sind es in der Schweiz täglich nur 37 Kilometer; während 23 Stunden am Tag stehen die Autos still. Gleichzeitig produziert ein Dach voller Solarzellen an einem schönen Sommertag deutlich mehr Energie als eine Familie während dieser Zeit verbraucht. Die nicht benötigte Solarenergie speisen die meisten Eigentümer heute deshalb ins Netz ein und beziehen von dort bei Bedarf nachts wieder Strom. Eine Umfrage der Hochschule Luzern hat jedoch gezeigt, dass es vielen Menschen lieber wäre, sie könnten die Energie speichern und dann zeitverzögert selbst brauchen. Dies führt zur Erhöhung des sogenannten Eigenverbrauchs und bringt finanzielle Anreize mit sich bringt. Ein interessanter Fall für die nur spärlich ausgenützte Autobatterie.

Mit der Autobatterie das Stromnetz stabilisieren
«Bidirektionales Laden» heisst dieser Vorgang, bei dem eine Autobatterie nicht nur aufgeladen und zum Fahren verwendet wird, sondern die gespeicherte Energie auch wieder für andere Zwecke abgeben kann. Bidirektionales Laden bringt nicht nur Privatbesitzer von E-Autos und Solaranlagen einen Vorteil. Auch für das gesamte Stromnetz könnte es gute Dienste leisten: Energiespeicher werden umso wichtiger, je mehr Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. Anders als Kohle oder Atomkraft können erneuerbare Quellen wie Wind oder Sonne Energie nicht kontinuierlich produzieren. Das stellt ein naheliegendes Problem dar, da die Energie immer dann verbraucht werden muss, wenn sie produziert wird. «Produktion und Verbrauch müssen immer im Gleichgewicht gehalten werden, um den sicheren und stabilen Betrieb des Netzes gewährleisten zu können. Das Stromnetz muss dafür ständig stabilisiert werden, was mit sogenannter Regelenergie erreicht werden kann», erklärt Prof. Dr. Antonios Papaemmanouil, Experte für intelligente Energiesysteme und Institutsleiter Elektrotechnik. Mit anderen Worten: Es braucht Energiespeicher. Was ist da naheliegender, als die Batterien der immer zahlreicher werdenden Elektroautos einzusetzen?

Mehr Wirkung dank Organisationen mit Autoflotte
Die stabilisierende Funktion für das Stromnetz wird erhöht, wenn sich nicht nur Einzelpersonen beteiligen, sondern Organisationen, die über eine ganze Autoflotte verfügen. Antonios Papaemmanouil arbeitet deshalb mit seinem Team vom Kompetenzzentrum Digital Energy and Electric Power an einem Konzept, wie bidirektionales Laden auch in grösserem Rahmen verwendet werden kann. Das Ziel ist es, dem Stromnetz die nötige Flexibilität zur Verfügung zu stellen und Schwankungen aus dezentralen Produktionsquellen abzuflachen. Das Team forscht unter anderem an der optimalen Integration der Elektromobilität im bestehenden Energiesystem und an den Herausforderungen, die damit verbunden sind in Bezug auf Ladestrategien, Steuerbarkeit und Informationsaustausch. Denn, so hält er fest: «Trotz der Fortschritte bei Pilotprojekten weltweit gibt es nach wie vor Lücken, wenn es um die Implementierung von Lösungen geht.» Diese erarbeiten die HSLU-Experten mit verschiedenen Partnern nun mit Hilfe von e-Flotten Simulationen und Datenanalysen.

Akzeptanz setzt klare Rahmenbedingungen voraus
Für Privatbesitzer gibt es erst wenige Modelle, mit denen die Option des bidirektionalen Ladens sich tatsächlich realisieren lässt. «Darüber hinaus braucht es dafür spezielle Ladestationen. Im Moment sind diese bis zu fünf Mal teurer als eine herkömmliche», sagt Prof. Roger Buser, Experte für Solarenergie an der Hochschule Luzern. Er hat in einer Studie die Voraussetzungen dafür untersucht, dass diese Technologie bei Privatpersonen auf genügend Akzeptanz stösst, um sich durchzusetzen. Die Untersuchung hat einige Rahmenbedingungen aufgezeigt, welche für die Benutzer gewährleistet sein müssen: Sie erwarten ein intuitiv bedienbares Managementsystem, bei dem mindestens die untere Entladegrenze definiert werden kann. So haben sie die Sicherheit, dass das Auto am nächsten Tag im gewünschten Umfang zur Verfügung steht. Darüber hinaus wünschen sie sich vom Hersteller eine Garantie gegen eine schnellere Alterung oder Schaden an der Batterie. Roger Buser sagt dazu: «Die Lithiumbatterien in den Autos sind auf eine extrem lange Lebensdauer angelegt und sehr robust. Die zusätzliche Beanspruchung würde für sie kaum einen Unterschied machen.» Im Vergleich zum Fahren sei die Entladeleistung durch den Bedarf im Haus oder für Netzdienstleistungen sehr viel geringer. Und schliesslich geben die zusätzlichen Kosten der bidirektionalen Infrastruktur Nutzenden Anlass zu Bedenken, dass sie die nötigen Investitionen durch Einsparungen bei den Energiekosten nicht amortisieren können. Auch die Hersteller der Ladeinfrastruktur sind der Überzeugung, dass sich die Kosten für die Infrastruktur senken müssen, damit sich die Technologie durchsetzen kann. Darüber hinaus ist für HSLU-Experten und die Umsetzungspartner klar, dass es in Zukunft technische Standards und standardisierte Schnittstellen braucht, damit Drittsysteme einfach eingebunden werden können.

Ob Privatbesitzer oder Firmen mit Autoflotte – die HSLU-Forschungsprojekte zeigen, das bidirektionales Laden für alle Seiten Gewinn bringt, doch müssen dafür noch einige Hindernisse überwunden werden.

 

Themenplattform Mobilität@T&A

Die Themenplattform «Mobilität@T&A» soll zur Mobilität gehörige Technologien und deren Entwicklungsstand aufarbeiten, wesentliche Aspekte einschliesslich Chancen und Risiken beleuchten und bei Problemen geeignete Lösungswege aufzeigen. Sie betrachtet Mobilität auch im grösseren System von Energieversorgung, Gebäuden und Arealen. Mit der Themenplattform sollen zukünftige Trends frühzeitig erkannt und mitgestaltet werden.

Dienstleistungen, Angebote und Kooperationsmöglichkeiten

• Beratungen in Fragen der Mobilität mit Fokus auf Elektromobilität
• Vermittlung von Experten
• Begleitung interdisziplinärer Projekte
• Ausleihe, Testfahrmöglichkeiten
• Kommunikation, Workshops und Events zum Thema Mobilität
• Prüfen und Einführen neuer Mobilitätskonzepte am Campus Horw
• Mitarbeit in Nachhaltigkeitsprojekten der Hochschule Luzern
• Stellungnahmen bei Fahrplanvernehmlassungen, etc.
• Planung und Unterhalt der Fahrzeuge sowie Ladeinfrastruktur auf dem Campus
• Koordination interdisziplinärer Forschungsprojekte und Studiengänge zum Thema Mobilität
• Unterstützung bei der Planung von Anbindungen von E-Mobilen an Gebäude, im speziellen bei Zweckbauten

 

www.hslu.ch