Bäume sorgen selbst bei extremer Hitze für Abkühlung

Auf dem Platz im Genfer Vorort Lancy wurde das Experiment an acht Platanen durchgeführt. Foto: Christoph Bachofen
Auf dem Platz im Genfer Vorort Lancy wurde das Experiment an acht Platanen durchgeführt. Foto: Christoph Bachofen

Bäume, insbesondere Platanen, haben eine wichtige kühlende Wirkung selbst bei extremer Hitze, wie eine neue Studie des Schweizerischen Instituts für Wald-, Schnee- und Landschaftsforschung (WSL) und der EPFL zeigt. Der nächste Schritt besteht darin, herauszufinden, welche Baumarten besonders effektiv kühlen können.

Wenn die Sonne unbarmherzig scheint, kühlen Bäume in der Stadt ihre Umgebung, indem sie Wasser über ihre Blätter verdunsten lassen. Angesichts der erwarteten Zunahme von Hitzewellen, die von Klimamodellen prognostiziert werden, spielen sie eine entscheidende Rolle dabei, Städte als lebenswerte Orte zu erhalten. Doch auch Bäume stossen irgendwann an ihre Grenzen: Steigen die Temperaturen der Blätter über 30 bis 35 Grad, funktioniert die Photosynthese nicht mehr – die Blattporen schliessen sich, um Wasserverlust zu verhindern.

Ein Forschungsteam des Schweizerischen Instituts für Wald-, Schnee- und Landschaftsforschung (WSL) und der EPFL hat untersucht, wie Platanen unter extremen Bedingungen reagieren – und kam dabei zu überraschenden Erkenntnissen: Selbst bei Temperaturen von über 39 Grad verdunsteten die Bäume weiterhin erheblich mehr Wasser als erwartet und kühlten dadurch ihre Umgebung effektiv. Der Forscher Christoph Bachofen und sein Team installierten im Frühjahr 2023 Messgeräte an acht Platanen im Genfer Vorort Lancy. Die Sensoren zeichneten den Wasserfluss in den Baumstämmen auf, wodurch Rückschlüsse auf die Menge des verdunsteten Wassers und die Kühlleistung möglich wurden. Ausgerechnet in jenem Sommer erlebte Genf zwei Hitzewellen mit Rekordtemperaturen von fast 40 Grad.

Zwei Mitarbeitenden bringen einen Sensor zur Messung des Saftflusses am Stamm einer Platane an, um den Wassertransport im Baum genau zu erfassen. Foto: Christoph Bachofen
Zwei Mitarbeitenden bringen einen Sensor zur Messung des Saftflusses am Stamm einer Platane an, um den Wassertransport im Baum genau zu erfassen. Foto: Christoph Bachofen

Überraschende Resultate
Im Gegensatz zu den Erwartungen hörten die Bäume nicht auf, Wasser zu transportieren – im Gegenteil, je höher die Temperaturen stiegen, desto intensiver wurde der Wasserfluss, obwohl die Luft extrem trocken war. «Wir verstehen offensichtlich noch nicht vollständig, wie Bäume auf extreme Bedingungen reagieren», erklärt Christoph Bachofen. Die Forschenden vermuten, dass unter anderem tief gelegene Wasserreserven im Boden den Platanen geholfen haben. Das überraschende Ausmass des Wasserflusses wirft wichtige Fragen auf: Wenn Bäume anders auf Hitze reagieren als bislang gedacht, sind auch die Vorhersagen über ihre kühlende Wirkung ungenau – und die Modelle, die zur Prognose der zukünftigen Wärmeverteilung in Städten verwendet werden, wären somit unzuverlässig.

Die Erkenntnis, dass Bäume selbst bei extremer Hitze weiterhin grosse Mengen Wasser verdunsten, ist eine positive Nachricht für das Stadtklima. «Tage mit Temperaturen über 30 Grad treten immer häufiger auf», erklärt Bachofen. Ein nächster wichtiger Schritt der Forschung besteht nun darin, herauszufinden, wie effektiv andere Baumarten unter extremen Hitzebedingungen Wasser verdunsten. Dadurch könnten Empfehlungen entwickelt werden, welche Arten nicht nur mit Luftverschmutzung und Streusalz, sondern auch mit grosser Hitze zurechtkommen. Schliesslich ist die Kühlung nur eine von vielen wichtigen Aufgaben, die Bäume in der Stadt übernehmen – doch sie wird in Zukunft immer bedeutender.