Das Tramdepot Elisabethenstrasse in Zürich gilt als kunst- und kulturhistorisches Schutzobjekt. In den vergangenen drei Jahren wurde es unter laufendem Betrieb einer umfassenden Sanierung unterzogen. Heute sind die baulichen und technischen Mängel behoben und die grossflächige Verglasung der riesigen Halle strahlt in frischem Glanz.
Text: Gerald Brandstätter, Fotos: Zeljko Gataric
Mit einer Länge von 250 Metern erhebt sich der imposante Bau entlang der Bahnlinie direkt über dem Seebahngraben beim Bahnhof Zürich-Wiedikon. Die Stahlkonstruktion dominiert den Ort und besticht durch ihre grossflächige Verglasung mit filigranen Profilen. Im Inneren der Halle werden Trams in erster Linie gewaschen und nachts geparkt.
Das gesamte Gebäudegefüge setzt sich aus der Depothalle und den beiden Dienstgebäuden Elisabethenstrasse 15 und 43 zusammen. Im Jahr 1913 hatte Friedrich Fissler mit dem Verwaltungsgebäude den Kopfbau an der Elisabethenstrasse 43 entworfen. Ergänzend dazu wurde von 1939 bis 1949 das Tramdepot Kalkbreite/Elisabethenstrasse vom damaligen Stadtbaumeister Hermann Herter erstellt. Alle drei Gebäudeteile, ein Bauvolumen von insgesamt 102’600 m3, sind im kommunalen Inventar der kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte der Stadt Zürich aufgeführt.
Imposante Verglasung
Beim Tramdepot liess Hermann Herter 1098 Fensterflügel einbauen, was einer Fensterfläche von 2835 m2 entspricht. Zusätzlich öffnete er das Dach durch sechs einstöckige und ein zweistöckiges Oberlicht.
Seit der Erstellung vor über 70 Jahren waren die Gebäude des Tramdepots mit einer Geschossfläche von 19’670 m2 nie einer gesamthaften Instandsetzung unterzogen worden. Die Gebäudehülle und die Tragstruktur insbesondere der verglasten Halle befanden sich in einem teils sehr schlechten Zustand.
Die umfassende Gesamtinstandsetzung für den Nutzungszyklus der nächsten 30 Jahre beinhaltete eine Vielzahl dringender Massnahmen. So beispielsweise die statische Ertüchtigung nach heutigen Anforderungen (SIA), inklusive Anprallschutz und Erdbebensicherheit. Der Fokus wurde zudem auf die energetische Instandsetzung und Optimierung sowie auf die Reduktion des Heiz-Energiebedarfs und der Steigerung der Energieeffizienz gelegt. Dies bedingte die Erneuerung der gebäudetechnischen Anlagen wie Heizungs-, Lüftungs-, Sanitär-, Klima- und Elektroanlagen. In der Folge wurden auch die feuerpolizeilichen Auflagen hinsichtlich Brandschutz umgesetzt. Zur Einhaltung des aktuellen Arbeitsgesetzes mussten auch Temperaturvorgaben sichergestellt werden. So gilt für die Reparaturbereiche in der Halle ein Zielwert von 14–16 Grad und für die beiden Dienstgebäude ein Zielwert von 21 Grad Raumtemperatur.
Das Dienstgebäude E15 wurde innen komplett instand gesetzt und damit alle gebäudetechnischen Anlagen ersetzt oder den heutigen Anforderungen angepasst. Das Dienstgebäude E43 war bereits im Jahr 2001 saniert worden, so dass lediglich Anpassungen beim Brandschutz, der Erdbebensicherheit und der Altlastensanierung durchgeführt werden mussten.
Neue «innere Haut»
Die umfassendsten Sanierungsarbeiten wurden an der Einstellhalle ausgeführt. Da die leichte und transparente Glasarchitektur für die Stadt Zürich kulturhistorisch von grosser Bedeutung ist, musste die äussere Erscheinung und Tragstruktur weitgehend unverändert erhalten bleiben. Die Fassade wies mit ihrem filigranen und transparenten Erscheinungsbild eklatante Mängel betreffend winterlichem und sommerlichen Wärmeschutz auf. Abhilfe schafft unter Erhaltung der Originalsubstanz neu eine innere zweite Haut. Dabei wurde inwendig im Sockelbereich der bestehenden Fassade eine zweite Schicht aus Dämmung und Mauerwerk sowie im Fensterbereich eine zeitgemässe Stahlelementfassade mit 3-fach Isolierglas und Sonnenschutzanlagen montiert.
Zum Einsatz kamen gemäss «BKP 221.3 Fenster, Verglasungen, Aussentüren» die Systeme Janisol Fenster Primo und Janisol HI Türen von Jansen. Mit nur 60 Milimetern Bautiefe erzielen die thermisch getrennten Stahlprofile vom System Janisol Primo hervorragende Wärmedämmwerte und leisten so einen aktiven Beitrag zum nachhaltigen Bauen. Durch die neue, innenliegende Fassade konnte der winterliche Wärmeverlust wie auch der sommerliche Hitzeeintrag mit einer wettergeschützten Beschattung optimiert werden. Technisch und kostenmässig entspricht die innere Haut einer neuen Standard-Pfosten-Riegel-Fassade, wie sie bei einer Sanierung ohne denkmalpflegerische Vorgaben aufgrund der Wärmedämmvorschriften gebaut worden wäre.
Während der Sanierung drängte sich zudem eine umfassende Asbestsanierung auf, bei der Kittfugen in der Betonfassade und den Verglasungen, Kabelkanäle, Brandschutztüren, Bodenbeläge, Deckenplatten, Rohrleitungsisolationen usw. fachgerecht entfernt und entsorgt wurden.
Dach und Oblichter
Die Dachfläche, bestehend aus Leichtbetonelementen, musste infolge des schlechten Zustands und der aufgetretenen Armierungskorrosion ebenfalls komplett instand gesetzt werden. Als wirtschaftlich günstigste Instandsetzungsvariante erwies sich eine Holz-/Blech-Konstruktion, mit der zusätzlich die erforderliche Erdbebensicherheit erreicht werden konnte. Da die Dachhaut aufgrund des Alters und wegen Undichtigkeiten ersetzt werden musste, wurde sie vollflächig neu gedämmt. Sie trägt mit ihrer nun sehr hohen Wirtschaftlichkeit massgeblich zur Reduktion des Wärmeverlusts und des CO2-Ausstosses bei. Die sanierten Dachflächen des Tramdepots sind nun auch für eine Solarstromnutzung bestens geeignet. Mit der neuen Fotovoltaik-Anlage können gut 65 Prozent des eigenen Strombedarfs von jährlich 560’000 kWh/a abgedeckt werden. Die bestehenden Oblichter wurden mit einer Isolierverglasung ausgerüstet, die originalen Profile gedämmt. Die Massnahme ist auch im Zusammenhang mit den gesetzlich notwendigen Rauch- und Wärmeabzügen (RWA) und den zu verbessernden Sicherheitsanforderungen zu sehen. Für die Gewährleistung der Entrauchung im Brandfall musste auch ohne energetische Massnahmen jedes fünfte Fenster der Oblichter zum Öffnen umgebaut werden. Die alten Oblichter waren als Überkopfverglasung mit der originalen Einfachverglasung ein Sicherheitsrisiko, das in dieser Form nicht mehr bewilligungsfähig war. Bei einem Glasbruch würden die Bruchteile der Scheiben auf die darunterliegenden Arbeitsbereiche fallen. RWA- und Sicherheitsanforderungen liessen sich sehr gut mit einem Glasersatz kombinieren.
Sämtliche Sanierungsarbeiten und die bauliche Instandsetzung fanden unter laufendem Betrieb statt. Mit den aufeinander abgestimmten und voneinander abhängigen Massnahmen der energetischen Verbesserungen der Hülle und der Erneuerung der Haustechnik wurde eine ganzheitliche Lösung erreicht. Die energetischen Massnahmen erfüllen nun den Grenzwert Minergie Modernisierung. Sämtliche Massnahmen wurden im Einvernehmen mit der städtischen Denkmalpflege definiert, um den Erhalt der Erscheinung eines wichtigen Zeitzeugen der industriellen Betriebe der Stadt Zürich und einen wichtigen Identifikations- und Merkpunkt im Quartier zu sichern.
Am Bau Beteiligte
Bauherr: Verkehrsbetriebe Zürich, vertreten durch Amt für Hochbauten
Architektur: Ernst & Humbel GmbH, Zürich
Generalunternehmung, Bauleitung: MMT AG, Winterthur
Metallbau: Geilinger AG, Winterthur
Fassadenplanung: Atelier P3 AG, Zürich
Fenstersystem: Jansen AG, Oberriet, (Janisol Fenster Primo und Janisol HI Türen)
Erstellungskosten: CHF 31.8 Mio. inkl. städtischer Reserven