Wallboxen auf dem Prüfstand

Im Projekt «Wallbox-Inspektion» wurden private Ladestationen auf ihre Effizienz hin getestet. Dafür wurden neue Testverfahren entwickelt. Foto: Fraunhofer ISE
Im Projekt «Wallbox-Inspektion» wurden private Ladestationen auf ihre Effizienz hin getestet. Dafür wurden neue Testverfahren entwickelt. Foto: Fraunhofer ISE

Wallboxen zum Laden des Elektrofahrzeugs sind an immer mehr Eigenheimen zu finden. Doch wie lässt sich damit der Solarstrom vom eigenen Dach möglichst smart nutzen? Im Projekt «Wallbox-Inspektion» hat ein Konsortium aus Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, HTW Berlin und ADAC erstmals Prüfverfahren für solaroptimiert gesteuertes Laden entwickelt und Wallboxen damit getestet. Gemeinsam mit einem Industriebeirat wurde ein Prüfleitfaden für das unidirektionale und solare Laden entwickelt, die Messergebnisse werden in einem Wallbox-Score für Endnutzer verständlich quantifiziert. Dies soll für Verbraucher die Transparenz im Wallbox-Markt erhöhen und einen Qualitätsstandard für die Industrie etablieren.

Bis zum Jahr 2030 sollen Millionen Elektrofahrzeuge auf deutschen Strassen unterwegs sein, die oft an privaten Ladestationen geladen werden. Aktuell finden 53 Prozent der Ladevorgänge zu Hause statt, besonders bei Besitzern einer Photovoltaik-Anlage: 93 Prozent nutzen eine Wallbox, um ihr Elektrofahrzeug möglichst mit eigenem Strom zu laden oder durch entsprechend angepassten Betrieb der Wallbox zusätzlich von zeitvariablen Strompreisen zu profitieren. Wie dies möglichst exakt und wirtschaftlich geregelt werden kann, untersucht das Projekt «Wallbox-Inspektion». Im Digital Grid Lab des Fraunhofer ISE wurden Wallbox-Lösungen verschiedener Hersteller unter identischen und realitätsnahen Betriebsbedingungen getestet.

Im Fokus der Tests standen neben dem Stromverbrauch im Betrieb und im Stand-by- Modus die Regelungsgüte und Betriebseffekte, die beim solaren Laden von Elektrofahr- zeugen eine zentrale Rolle spielen. Hier steht besonders die Frage im Vordergrund, wie ein solarer Überschuss möglichst gut in ein Elektrofahrzeug eingespeichert wird, und wie bei kleinen Leistungen zwischen dem 1- und 3-phasigen Betrieb umgeschaltet werden kann.

Schematischer Aufbau der Leistungs- und Kommunikationsströme. Grafik: Fraunhofer ISE
Schematischer Aufbau der Leistungs- und Kommunikationsströme. Grafik: Fraunhofer ISE

Verhalten der Wallbox realitätsnah getestet
Die im Projekt entwickelten Tests betrachteten den Stromfluss zwischen Photovoltaik- anlage, Haushalt, Stromnetz und Elektrofahrzeug. Die Forschenden massen, welchen erlaubten maximal verfügbaren Ladestrom die Wallbox an das Fahrzeug kommunizierte. Über diesen Wert lässt sich die Stromaufnahme des Fahrzeuges entsprechend des solaren Angebots steuern. Der maximal verfügbare Strom ist dabei der Solarüberschuss, der nach Abzug des im Haushalt benötigten Stroms übrigbleibt.

Das Energiemanagementsystem – in die Wallbox oder das Energy Meter integriert – überwacht dabei über das Energy Meter den Netzanschluss und steuert über die Wallbox das Elektrofahrzeug. Für das Testen der Ladestation kamen keine echten Fahrzeuge zum Einsatz, sondern der digitale Fahrzeug-Zwilling «ev twin» des Fraunhofer ISE, der das Verhalten von 5’000 verschiedenen E-Autos simulieren kann. Dies bietet den Vorteil, dass nach dem Ladetest für einen weiteren Test kein Fahrzeug leergefahren werden muss. Stattdessen wird der Leistungsfluss mit bidirektionalen Netzteilen emuliert.

Weiterer Vorteil: die Einflüsse verschiedener Laderegler im Fahrzeug sind eliminiert. Das Team testete das Reaktionsverhalten der Wallbox in spezifischen realitätsnahen Si- tuationen, wie dem Standby-Modus und verschieden großen Sprüngen in der Leistung der Solaranlage. «Eine schnelle Regelgeschwindigkeit bei hoher Regelgüte ist entscheidend für das solargesteuerte Laden. Im praktischen Betrieb bedeutet dies, dass die Steuerung durch die Wallbox dem solaren Überschuss möglichst gut folgt», erklärt Bernhard Wille-Haussmann, Projektleiter «Wallbox-Inspektion».

Testergebnisse sollen Transparenz im Markt erhöhen
Die getesteten Wallboxen reagierten unterschiedlich schnell auf Änderungen im Solar- stromangebot: während einige unverzüglich die Ladeleistung anpassten, wiesen andere eine Verzögerung von bis zu 90 Sekunden auf. Auch im Standby-Betrieb zeigten die Geräte unterschiedliches Verhalten: einige gehen dabei in einen reduzierten Betrieb (Deep Standby), um Strom zu sparen.

Es hat sich aber auch gezeigt, dass bei vielen Wallboxen für eine gute Regelqualität das Energiemanagementsystem angepasst werden muss: Die Forschenden empfehlen Nutzern von Wallboxen generell, das Gerät auf das Fahrzeug und die eigenen Bedürfnisse einzustellen. «Die Geräte arbeiten dann präziser als unter Standardeinstellungen. Auch die Unterschiede zwischen den Geräten der verschiedenen Hersteller sind dann nicht mehr so gross. Die Eigenheiten des eigenen Energiesystems spielen eben eine grosse Rolle», erläutert Bernhard Wille-Haussmann.

Auf Basis der Messergebnisse erstellt die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin einen Wallbox-Score, der die Qualitätsunterschiede zwischen den Produkten quantifiziert. Grundlage hierfür sind Simulationsrechnungen, die auf Messungen gemäss Testleitfaden basieren. Der ADAC e.V. nutzt die Ergebnisse aus dem Projekt für die Beratung von Verbrauchern.

Über das transparente und einheitliche Messverfahren und die Messergebnisse will das Projektteam zudem den Wallboxherstellern konkrete Optimierungspotenziale im Hinblick auf die Qualität und Energieeffizienz ihrer Geräte aufzeigen. Endanwendern und Installateuren zeigen die Ergebnisse auf, welche Parametereinstellungen zu einer guten Solarenergienutzung führen.